Der Revoluzzer von Erich Mühsam

War einmal ein Revoluzzer,
Im Zivilstand Lampenputzer;
Ging im Revoluzzerschritt
Mit den Revoluzzern mit.
 
Und er schrie: „Ich revolüzze!“
Und die Revoluzzermütze
Schob er auf das linke Ohr,
Kam sich höchst gefährlich vor.
 
Doch die Revoluzzer schritten
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Mitten in der Straßen Mitten,
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Wo er sonsten unverdrutzt
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Alle Gaslaternen putzt.
 
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Sie vom Boden zu entfernen,
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rupfte man die Gaslaternen
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Aus dem Straßenpflaster aus,
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Zwecks des Barrikadenbaus.
 
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Aber unser Revoluzzer
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Schrie: „Ich bin der Lampenputzer
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Dieses guten Leuchtelichts.
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Bitte, bitte, tut ihm nichts!
 
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Wenn wir ihn’ das Licht ausdrehen,
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Kann kein Bürger nichts mehr sehen,
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Laßt die Lampen stehn, ich bitt!
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Denn sonst spiel’ ich nicht mehr mit!“
 
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Doch die Revoluzzer lachten,
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Und die Gaslaternen krachten,
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Und der Lampenputzer schlich
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Fort und weinte bitterlich.
 
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Dann ist er zuhaus geblieben
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Und hat dort ein Buch geschrieben:
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Nämlich, wie man revoluzzt
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Und dabei doch Lampen putzt.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26 KB)

Details zum Gedicht „Der Revoluzzer“

Anzahl Strophen
8
Anzahl Verse
32
Anzahl Wörter
142
Entstehungsjahr
1907
Epoche
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Der Revoluzzer“ wurde vom deutschen Dichter und Schriftsteller Erich Mühsam verfasst, der von 1878 bis 1934 gelebt hat. Es stammt also aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, eine Zeit, in der Europa von politischen Umstürzen und Ideologien geprägt war.

Auf den ersten Eindruck wirkt das Gedicht humorvoll und satirisch, da es die Figur des „Revoluzzers“ auf eine absurde und ironische Weise darstellt.

Inhaltlich erzählt das Gedicht die Geschichte eines scheinbaren Revolutionärs, der sich jedoch hauptsächlich dadurch auszeichnet, dass er Lampenputzer ist. Mit Begeisterung schließt er sich den anderen Revolutionären an und verkündet lautstark seinen Enthusiasmus für den Aufstand. Allerdings stößt er auf ein Dilemma, als die Revolutionäre beginnen, die Gaslaternen, die er putzt, aus der Straße zu zerren, um Barrikaden zu bauen. Er bittet sie, die Lampen stehen zu lassen, um die Sicht der Bürger nicht zu behindern, indem sie das Licht ausmachen. Als die Revolutionäre seine Bitten ignorieren und weiter machen, distanziert er sich von ihnen und geht nach Hause, wo er ein Buch darüber schreibt, wie man revolutioniert und dabei doch Lampen putzt.

Das lyrische Ich möchte auf satirische Weise die Widersprüche und Absurditäten von revolutionären Idealen und dem realen Handeln aufzeigen. Es könnte als Kritik an denjenigen verstanden werden, die bloße Symbole der Rebellion annehmen, ohne die realen Konsequenzen oder den wahren Geist der Revolution zu verstehen.

Die Sprache des Gedichts ist einfach und direkt, mit einer starken Betonung auf das wiederholte Wort „Revoluzzer“. Auf formalen Aspekt gesehen, besteht das Gedicht aus acht Strophen mit jeweils vier Versen, was einen rhythmischen und melodischen Ton erzeugt. Es wird auch viel Humor und Ironie verwendet, um die satirische Botschaft des Gedichts zu vermitteln.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Der Revoluzzer“ des Autors Erich Mühsam. Geboren wurde Mühsam im Jahr 1878 in Berlin. 1907 ist das Gedicht entstanden. Der Erscheinungsort ist Berlin. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Expressionismus kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Der Schriftsteller Mühsam ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das 142 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 32 Versen mit insgesamt 8 Strophen. Der Dichter Erich Mühsam ist auch der Autor für Gedichte wie „Betäubung“, „Das Beispiel lebt“ und „Das Volk der Denker“. Zum Autor des Gedichtes „Der Revoluzzer“ haben wir auf abi-pur.de weitere 57 Gedichte veröffentlicht.

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