Frühlingsschrei eines Knechtes von Clemens Brentano
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Frühlingsschrei eines Knechtes |
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aus der Tiefe |
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1. |
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Meister, ohne dein Erbarmen |
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Muß im Abgrund ich verzagen, |
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Willst du nicht mit starken Armen |
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Wieder mich zum Lichte tragen. |
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2. |
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Jährlich greifet deine Güte, |
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In die Erde, in die Herzen, |
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Jährlich weckest du die Blüte, |
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Weckst in mir die alten Schmerzen. |
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3. |
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Einmal nur zum Licht geboren, |
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Aber tausendmal gestorben, |
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Bin ich ohne dich verloren, |
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Ohne dich in mir verdorben. |
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4. |
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Wenn sich so die Erde reget, |
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Wenn die Luft so sonnig wehet, |
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Dann wird auch die Flut beweget, |
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Die in Todesbanden stehet. |
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5. |
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Und in meinem Herzen schauert |
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Ein betrübter bittrer Bronnen, |
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Wenn der Frühling draußen lauert, |
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Kömmt die Angstflut angeronnen. |
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6. |
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Weh! durch gift'ge Erdenlagen, |
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Wie die Zeit sie angeschwemmet, |
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Habe ich den Schacht geschlagen, |
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und er ist nur schwach verdämmet. |
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7. |
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Wenn nun rings die Quellen schwellen, |
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Wenn der Grund gebärend ringet, |
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Brechen her die gift'gen Wellen, |
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Die kein Fluch, kein Witz mir zwinget. |
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8. |
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Andern ruf' ich, schwimme, schwimme, |
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Mir kann solcher Ruf nicht taugen, |
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Denn in mir ja steigt die grimme |
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Sündflut, bricht aus meinen Augen. |
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9. |
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Und dann scheinen bös Gezüchte |
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Mir die bunten Lämmer alle, |
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Die ich grüßte, süße Früchte, |
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Die nur reiften, bittre Galle. |
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10. |
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Herr, erbarme du dich meiner, |
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Daß mein Herz neu blühend werde, |
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Mein erbarmte sich noch keiner |
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Von den Frühlingen der Erde. |
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11. |
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Meister, wenn dir alle Hände |
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Nahn mit süßerfüllten Schalen, |
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Kann ich mit der bittern Spende |
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Meine Schuld dir nimmer zahlen. |
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12. |
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Ach, wie ich auch tiefer wühle, |
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Wie ich schöpfe, wie ich weine, |
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Nimmer ich den Schwall erspüle |
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Zum Kristallgrund fest und reine. |
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13. |
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Immer stürzen mir die Wände, |
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Jede Schicht hat mich belogen, |
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Und die arbeitblut'gen Hände |
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Brennen in den bittern Wogen. |
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14. |
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Weh! der Raum wird immer enger, |
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Wilder, wüster stets die Wogen, |
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Herr, o Herr! ich treib's nicht länger, |
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Schlage deinen Regenbogen. |
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15. |
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Herr, ich mahne dich, verschone, |
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Herr! ich hört' in jungen Tagen, |
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Wunderbare Rettung wohne |
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Ach, in deinem Blute, sagen. |
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16. |
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Und so muß ich zu dir schreien, |
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Schreien aus der bittern Tiefe, |
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Könntest du auch nicht verzeihen, |
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Daß dein Knecht so kühnlich riefe! |
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17. |
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Daß des Lichtes Quelle wieder |
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Rein und heilig in mir flute, |
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Träufle einen Tropfen nieder, |
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Jesus, mir, von deinem Blute! |
Details zum Gedicht „Frühlingsschrei eines Knechtes“
Clemens Brentano
18
87
356
1778 - 1842
Romantik
Gedicht-Analyse
Der Autor des Gedichts ist Clemens Brentano, ein deutscher Dichter der Romantik, der zwischen 1778 und 1842 lebte.
Das Gedicht „Frühlingsschrei eines Knechtes“ hinterlässt beim ersten Lesen einen starken Eindruck von Verzweiflung und Hoffnung. Es scheint, als würde das lyrische Ich mit der verstörenden Schönheit des Frühlings kämpfen, einer Jahreszeit, die normalerweise für Erneuerung und Wachstum steht, aber in diesem Kontext einen inneren Konflikt auslöst.
Im Gedicht spricht das lyrische Ich, möglicherweise ein „Knecht“, direkt zu einem „Meister“, den man als höhere Macht oder Gottheit interpretieren könnte. Das lyrische Ich ist verloren, verdorben und leidet unter „alten Schmerzen“, die jedes Frühjahr wiederkehren. Es beschreibt seine Notlage als „Abgrund“ und seine Sündhaftigkeit als „gift'ge Wellen“. Gleichzeitig bittet es den „Meister“ um Erlösung, doch seine Bitten scheinen unbeantwortet zu bleiben.
Formal besteht das Gedicht aus 17 Strophen mit jeweils fünf Versen. Dies ist eine ziemlich ungewöhnliche Struktur und könnte die Intensität des lyrischen Ichs widerspiegeln. Die Sprache ist metaphorisch und expressiv, voller Bildsprache, die auf Verzweiflung und Hoffnung hinweist.
Interessanterweise wird der Ton des Gedichts im Laufe des Textes zunehmend düsterer und dringender. Dies könnte darauf hinweisen, dass das lyrische Ich zunehmend verzweifelter wird, während es um Erlösung bittet.
Insgesamt ist „Frühlingsschrei eines Knechtes“ ein emotionales und komplexes Gedicht, das Themen der Sünde, Schuld, Erlösung und Spiritualität erforscht. Es spiegelt vielleicht auch die inneren Konflikte des Autors wider, der in seinem Leben mit Religion und Moral gekämpft hat.
Weitere Informationen
Das Gedicht „Frühlingsschrei eines Knechtes“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Clemens Brentano. Im Jahr 1778 wurde Brentano in Ehrenbreitstein (Koblenz) geboren. Zwischen den Jahren 1794 und 1842 ist das Gedicht entstanden. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text der Epoche Romantik zugeordnet werden. Bei Brentano handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.
Als Romantik wird die Epoche der Kunstgeschichte bezeichnet, deren Ausprägungen sich sowohl in der Literatur, Kunst und Musik als auch in der Philosophie niederschlugen. Die Epoche der Romantik lässt sich vom Ende des 18. Jahrhunderts bis ins späte 19. Jahrhundert verorten. Die literarische Romantik kann darauf aufbauend etwa auf die Jahre 1795 bis 1848 zeitlich eingeordnet werden. Die Literaturepoche wird in Frühromantik (bis 1804), Hochromantik (bis 1815) und Spätromantik (bis 1848) unterschieden. Die Gesellschaft des 18. Jahrhunderts galt im Allgemeinen als wissenschaftlich und aufstrebend, was hier vor allem durch die einsetzende Industrialisierung deutlich wird. Die Gesellschaft wurde zunehmend technischer, fortschrittlicher und wissenschaftlicher. Diese Entwicklung war den Schriftstellern der Romantik zuwider. Sie stellten sich in ihren Schriften gegen das Streben nach immer mehr Gewinn, Fortschritt und das Nützlichkeitsdenken, das versuchte, alles zu verwerten. In der Romantik finden sich unterschiedliche charakteristische Motivkreise. Sehnsucht und Liebe (Blaue Blume) oder das Unheimliche (Spiegelmotiv) sind bedeutende zu benennende Motive. Aber auch politische Motive wie Weltflucht, Nationalismus und Gesellschaftskritik lassen sich aufzeigen. Das Mittelalter gilt bei den Romantikern als Ideal und wird verherrlicht. Übel und Missstände des Mittelalters bleiben unbeachtet. Die Stilepoche kennzeichnet sich vor allem durch offene Formen in Texten und Gedichten. Phantasie ist für die Romantiker das Maß aller Dinge. Die Trennung zwischen Poesie und Wissenschaft, zwischen Traum und Wirklichkeit soll durchbrochen werden. Die Romantiker streben eine Verschmelzung von Kunst und Literatur an. Ihr Ziel ist es, alle Lebensbereiche zu poetisieren.
Das Gedicht besteht aus 87 Versen mit insgesamt 18 Strophen und umfasst dabei 356 Worte. Der Dichter Clemens Brentano ist auch der Autor für Gedichte wie „Zu Koblenz auf der Brücken“, „Ihr himmlischen Fernen“ und „Brautgesang“. Zum Autor des Gedichtes „Frühlingsschrei eines Knechtes“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 298 Gedichte vor.
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