Brennende Liebe von Annette von Droste-Hülshoff

Und willst du wissen, warum
So sinnend ich manche Zeit,
Mitunter so töricht und dumm,
So unverzeihlich zerstreut,
Willst wissen auch ohne Gnade,
Was denn so Liebes enthält
Die heimlich verschlossene Lade,
An die ich mich öfters gestellt?
 
Zwei Augen hab' ich gesehn,
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Wie der Strahl im Gewässer sich bricht,
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Und wo zwei Augen nur stehn,
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Da denke ich an ihr Licht.
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Ja, als du neulich entwandtest
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Die Blume vom blühenden Rain,
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Und »Oculus Christi« sie nanntest,
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Da fielen die Augen mir ein.
 
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Auch gibt's einer Stimme Ton,
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Tief, zitternd, wie Hornes Hall,
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Die tut's mir völlig zum Hohn,
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Sie folget mir überall.
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Als jüngst im flimmernden Saale
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Mich quälte der Geigen Gegell,
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Da hört' ich mit einem Male
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Die Stimme im Violoncell.
 
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Auch weiß ich eine Gestalt,
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So leicht und kräftig zugleich,
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Die schreitet vor mir im Wald,
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Und gleitet über den Teich;
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Ja, als ich eben in Sinnen
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Sah über des Mondes Aug'
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Einen Wolkenstreifen zerrinnen,
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Das war ihre Form, wie ein Rauch.
 
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Und höre, höre zuletzt,
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Dort liegt, da drinnen im Schrein,
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Ein Tuch mit Blute genetzt,
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Das legte ich heimlich hinein.
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Er ritzte sich nur an der Schneide,
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Als Beeren vom Strauch er mir hieb,
39 
Nun hab' ich sie alle beide,
40 
Sein Blut und meine brennende Lieb'.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.6 KB)

Details zum Gedicht „Brennende Liebe“

Anzahl Strophen
5
Anzahl Verse
40
Anzahl Wörter
211
Entstehungsjahr
1797 - 1848
Epoche
Biedermeier

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht ist „Brennende Liebe“ von Annette von Droste-Hülshoff, die in der Zeit von 1797 bis 1848 lebte. Diese Zeitperiode fällt in die literarische Epoche der Romantik, die stark von Gefühlen, Naturbildern und tiefer Leidenschaft gekennzeichnet war.

Nach dem ersten Eindruck wirkt das Gedicht leidenschaftlich, ja nahezu obsessiv, in seinem Ausdruck von Liebe und Sehnsucht.

Thematisch gesehen enthält das Gedicht Beschreibungen des lyrischen Ichs, das detailliert und hungrig nach einer geliebten Person sucht. Im ersten Abschnitt stellt das lyrische Ich die Frage, ob man wissen will, warum es so unaufmerksam und zerstreut ist und was es in seiner „heimlich verschlossenen Lade“ aufbewahrt. Im weiteren Verlauf werden die Eigenschaften der geliebten Person beschrieben, deren Augen, Stimme und Bewegung sogar alltägliche Gegenstände und Naturphänomene an sie erinnern lassen. Am Ende enthüllt das lyrische Ich einen blutgetränkten Stoff, ein Zeichen von Verletzung und symbolischer Darstellung seiner intensiven Liebe.

Die tiefen Gefühle der romantischen Liebe, die fast einer Obsession gleichkommen, werden deutlich gemacht. Das lyrische Ich hebt Gleichnisse und Bilder als Elemente der Gedichtsprache hervor, um Emotionen auszudrücken und eine intensive Wirkung zu erzielen.

Das Gedicht ist in vierzeiligen Strophen verfasst, was eine strukturierte Form darstellt. Es wechselt zwischen Fragen und Aussagen, was eine Art Dialog oder Selbstreflexion darstellt. Die Sprache des Gedichts ist stark bildlich und metaphorisch, dabei aber immer noch klar und direkt. Beispielsweise steht das Blut auf dem Tuch im letzten Vers für die Intensität der Leidenschaft, die das lyrische Ich für die geliebte Person empfindet - eine „brennende Liebe“.

Das lyrische Ich scheint mit diesem Gedicht sowohl seine Gefühle zum Ausdruck bringen als auch die innige Beziehung, die es mit der anderen Person teilt, bezeugen zu wollen. Die wiederkehrenden Bilder der Augen, der Stimme und der Gestalt zeigen eine nahezu obsessive Liebe auf, die alle Aspekte des Lebens des lyrischen Ichs durchdringt. Das Gedicht bietet daher einen tiefsinnigen Einblick in die Natur der romantischen Liebe, wie sie in der Epoche der Romantik oft dargestellt wurde.

Weitere Informationen

Die Autorin des Gedichtes „Brennende Liebe“ ist Annette von Droste-Hülshoff. 1797 wurde Droste-Hülshoff geboren. Im Zeitraum zwischen 1813 und 1848 ist das Gedicht entstanden. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten der Autorin her kann der Text der Epoche Biedermeier zugeordnet werden. Bei der Schriftstellerin Droste-Hülshoff handelt es sich um eine typische Vertreterin der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 40 Versen mit insgesamt 5 Strophen und umfasst dabei 211 Worte. Weitere Werke der Dichterin Annette von Droste-Hülshoff sind „Am Fronleichnamstage“, „Kurt von Spiegel“ und „Der Schloßelf“. Zur Autorin des Gedichtes „Brennende Liebe“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 123 Gedichte vor.

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