Häslein von Friedrich Wilhelm Güll

Unterm Tannenbaum im Gras
Gravitätisch sitzt der Has,
Wichst den Bart und spitzt das Ohr,
Duckt sich nieder, guckt hervor,
Zupft
Und leckt sich,
Rupft
Und reckt sich.
Endlich macht er einen Sprung:
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"Hei, was bin ich für ein Jung'!
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Schneller noch als Hirsch und Reh
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Spring ich auf und ab die Höh'.
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Wer ist's, der mich fangen kann?
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Tausend Hund' und hundert Mann,
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Gleich will ich's mit ihnen wagen,
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Soll mich keiner doch erjagen.
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Und der Graf auf seinem Schloß
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Hat im ganzen Stall kein Roß
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Und auch keinen Reitersknecht,
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Der mir nachgaloppen möcht'!"
 
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"Häslein, nimm dich doch in acht,
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Hund und Jäger schleichen sacht;
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Eh du's denkst, da zuckt es rot,
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Und die Kugel schießt dich tot!"
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Aber's Häslein hat sich jetzt
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Wie ein Männlein hingesetzt;
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Schaut nicht auf und schaut nicht um.
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"Bst, wer kommt so still und stumm
 
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Dort durch Busch und Dorn und Korn
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Mit dem Stutz und Pulverhorn?
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Hu, der Jäger ist es schon!
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Häslein, Häslein, spring davon!"
 
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´s ist zu spät, es blitzt und pufft
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Und der Rauch steigt in die Luft
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Und das Häslein liegt, o weh!
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Totgeschossen in dem Klee.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.2 KB)

Details zum Gedicht „Häslein“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
36
Anzahl Wörter
189
Entstehungsjahr
1812 - 1879
Epoche
Klassik,
Romantik,
Biedermeier

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht „Häslein“ wurde von Friedrich Wilhelm Güll verfasst, einem deutschen Autor und Lehrer, der von 1812 bis 1879 lebte. Demzufolge ist das Gedicht in das 19. Jahrhundert einzuordnen und der Epoche des Biedermeier bzw. des Realismus zuzuordnen.

Auf den ersten Blick wirkt das Gedicht wie eine einfache, lebendige Schilderung der Lebensweise und dem Verhalten eines Hasen in der Natur. Im weiteren Verlauf wird jedoch deutlich, dass es sich auch um eine Kritik an der Jagd handelt, indem das Schicksal des Hasen aus seiner Perspektive dargestellt wird.

Das lyrische Ich zeichnet zunächst ein detailliertes Bild vom Verhalten des Hasen, von seiner Geschicktheit und seinem unbeschwerten Dasein. Es wird betont, wie selbstsicher und stolz das Tier auf seine Schnelligkeit und sein Geschick ist. Für den Hasen scheint das Leben voll von Freiheit und Unbekümmertheit zu sein, was jedoch jäh durch die Ankunft des Jägers unterbrochen wird.

Die zweite Hälfte des Gedichtes warnt das Häslein, sich vor dem Jäger in Acht zu nehmen, dies bemerkt der Hase allerdings zu spät und wird letztendlich von dem Jäger getötet. Mit der Darstellung des Todes des Hasen und seiner Unwissenheit und Sorglosigkeit gegenüber der Gefahr, vermittelt das Gedicht eine traurige und nachdenkliche Stimmung.

Das Gedicht ist in vier Strophen gegliedert. Die Verslänge variiert, was einen lebendigen Rhythmus schafft, der gut zum fröhlichen und unbeschwerten Charakter des Hasen passt. Die Strophen sind durchgehend gereimt, wobei sich meist die Endung des ersten und des zweiten sowie des dritten und des vierten Verses innerhalb einer Strophe reimen.

Die Sprache ist einfach und leicht verständlich. Häufig werden kurze und prägnante Sätze verwendet, die die Bewegungen des Hasen und das plötzliche Erscheinen des Jägers verdeutlichen.

In der Interpretation lässt sich sagen, dass Güll in diesem Gedicht die Lebenslust und Vitalität des Hasen darstellt und gleichzeitig auf die Grausamkeit und Ungerechtigkeit der Jagd hinweist. Es könnte auch als ein Plädoyer für die Bewahrung und den Respekt der Natur und ihrer Lebewesen gelesen werden.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Häslein“ des Autors Friedrich Wilhelm Güll. 1812 wurde Güll in Ansbach geboren. Zwischen den Jahren 1828 und 1879 ist das Gedicht entstanden. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zu den Epochen Klassik, Romantik, Biedermeier, Junges Deutschland & Vormärz oder Realismus zu. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben zur Epoche bei Verwendung. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Das 189 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 36 Versen mit insgesamt 4 Strophen. Der Dichter Friedrich Wilhelm Güll ist auch der Autor für Gedichte wie „Der Mann von Schnee“, „Der erste Schnee“ und „Das Büblein auf dem Eise“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Häslein“ weitere 12 Gedichte vor.

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