Verschiedene Empfindungen an Einem Platze von Johann Wolfgang von Goethe

Ich hab’ ihn gesehen!
Wie ist mir geschehen?
O himmlischer Blick!
Er kommt mir entgegen,
Ich weiche verlegen,
Ich schwanke zurück.
Ich irre, ich träume!
Ihr Felsen, ihr Bäume,
Verbergt meine Freude,
10 
Verberget mein Glück.
 
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Der Jüngling.
 
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Hier muß ich sie finden,
13 
Ich sah sie verschwinden,
 
14 
Ihr folgte mein Blick.
15 
Sie kam mir entgegen,
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Dann trat sie verlegen
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Und schaamroth zurück.
18 
Ists Hoffnung? Sinds Träume?
19 
Ihr Felsen, ihr Bäume,
20 
Entdeckt mir die Liebste
21 
Entdeckt mir mein Glük!
 
22 
Der Schmachtende.
 
23 
Hier klag ich verborgen
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Dem thauenden Morgen
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Mein einsam Geschick.
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Verkannt von der Menge,
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Wie zieh ich ins Enge
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Mich stille zurück.
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O zärtliche Seele,
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O schweige, verhehle –
31 
Die ewigen Leiden,
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Verhehle dein Glück.
 
33 
Der Jäger.
 
34 
Es lohnet mir heute
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Mit doppelter Beute
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Ein gutes Geschick.
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Der redliche Diener
38 
Bringt Haasen und Hühner
39 
Beladen zurück.
40 
Hier find ich gefangen
41 
Auch Vögel noch hangen.
42 
Es lebe der Jäger!
43 
Es lebe sein Glück!
44 
GÖTHE.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (27.2 KB)

Details zum Gedicht „Verschiedene Empfindungen an Einem Platze“

Anzahl Strophen
8
Anzahl Verse
44
Anzahl Wörter
151
Entstehungsjahr
1796
Epoche
Sturm & Drang,
Klassik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Verschiedene Empfindungen an Einem Platze“ stammt von Johann Wolfgang von Goethe, einem der prominentesten Autoren der deutschen Literatur, der von 1749 bis 1832 lebte. Aus der literarischen Zeitepoche „Sturm und Drang“ stammend, könnte das Gedicht in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts entstanden sein.

Der erste Eindruck des Gedichts ist sehr emotional. Es handelt scheinbar von verschiedenen Menschen oder vielleicht Persönlichkeiten, die an einem Ort unterschiedliche Emotionen und Situationen erleben.

Der Inhalt besteht aus den Geschichten und Gefühlen von vier verschiedenen Personen – scheinbar zwei Liebenden, die sich schüchtern begegnen, einem melancholischen Einzelgänger und einem Jagd beglückten Jäger. Dabei scheinen die Ereignisse den jeweiligen Protagonisten Glück und Freude zu bereiten oder zu entziehen. Jeder der vier „Charaktere“ bewegt sich in seinem eigenen emotionalen Raum, scheint jedoch den gleichen physischen Ort zu teilen.

Im Hinblick auf die Form, teilt Goethe das Gedicht in acht Strophen auf. Die Verse variieren in ihrem metrischen Aufbau, folgen jedoch oft dem trochäischen Rhythmus. Die Anzahl der Verse pro Strophe variiert ebenfalls, vermutlich um der unterschiedlichen Tiefe und Komplexität der verschiedenen Szenen Rechnung zu tragen.

Die Sprache ist stark emotional geladen und macht deutlich, dass Goethe sich hier auf das Innere seiner Charaktere konzentriert. Wiederkehrende Elemente sind Appelle an die Natur - Felsen und Bäume - sowie die ständige Erwähnung von Glück und Unglück.

Insgesamt ist das Gedicht ein faszinierendes Beispiel für Goethes Fähigkeit, tiefe menschliche Emotionen in poetische Form zu gießen. Es verdeutlicht seine Meisterschaft in der Dichtung und unterstreicht seine Rolle als einer der bedeutendsten Autoren der deutschen Literaturgeschichte.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Verschiedene Empfindungen an Einem Platze“ ist Johann Wolfgang von Goethe. Geboren wurde Goethe im Jahr 1749 in Frankfurt am Main. Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1796. Erschienen ist der Text in Neustrelitz. Eine Zuordnung des Gedichtes zu den Epochen Sturm & Drang oder Klassik kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Bei dem Schriftsteller Goethe handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epochen.

Der Sturm und Drang (häufig auch Geniezeit oder Genieperiode genannt) ist eine literarische Epoche, welche zwischen 1765 und 1790 existierte und an die Empfindsamkeit anknüpfte. Später ging sie in die Klassik über. Der Sturm und Drang war die Phase der Rebellion junger deutscher Autoren, die sich gegen die Prinzipien der Aufklärung und das gesellschaftliche System wendeten. Bei den Schriftstellern handelte es sich meist um Autoren jüngeren Alters. Meist waren die Vertreter unter 30 Jahre alt. Die Autoren versuchten in den Gedichten eine geeignete Sprache zu finden, um die persönlichen Empfindungen des lyrischen Ichs zum Ausdruck zu bringen. Die alten Werke vorheriger Epochen wurden geschätzt und dienten als Inspiration. Aber dennoch wurde eine eigene Jugendkultur und Jugendsprache mit kraftvollen Ausdrücken, Ausrufen, Wiederholungen und Halbsätzen geschaffen. Die Epoche des Sturm und Drang endete mit der Hinwendung Schillers und Goethes zur Weimarer Klassik.

Zwei sich deutlich unterscheidende Anschauungen hatten das 18. Jahrhundert bewegt: die Aufklärung und eine gefühlsbetonte Strömung, die durch den Sturm und Drang vertreten wurde. Die Weimarer Klassik ist im Grund genommen eine Verschmelzung dieser beiden Elemente. Die Weimarer Klassik nahm ihren Anfang mit der Italienreise Goethes im Jahr 1786 und endete mit dem Tod von Johann Wolfgang von Goethe im Jahr 1832. Das Zentrum dieser Literaturepoche lag in Weimar. Es sind sowohl die Bezeichnungen Klassik als auch Weimarer Klassik gebräuchlich. Humanität, Güte, Gerechtigkeit, Toleranz, Gewaltlosigkeit und Harmonie sind die bedeutenden Themen. Die Klassik orientiert sich am antiken Kunstideal. Kennzeichnend ist ein hohes Sprachniveau und eine reglementierte Sprache. Diese reglementierte Sprache verdeutlicht im Vergleich zum natürlichen Sprachideal des Sturm und Drang mit all seinen Derbheiten den Ausgleich zwischen Gefühl und Vernunft. Die Vertreter der Epoche haben in der Weimarer Klassik auf Gestaltungs- und Stilmittel aus der Antike zurückgegriffen. Goethe, Schiller, Wieland und Herder bildeten das „Viergestirn“ der Klassik. Es gab natürlich auch noch andere Autoren, die typische Werke veröffentlichten, doch niemand übertraf die Fülle und die Popularität dieser vier Autoren.

Das Gedicht besteht aus 44 Versen mit insgesamt 8 Strophen und umfasst dabei 151 Worte. Weitere bekannte Gedichte des Autors Johann Wolfgang von Goethe sind „An Belinden“, „An Lida“ und „An den Mond“. Zum Autor des Gedichtes „Verschiedene Empfindungen an Einem Platze“ haben wir auf abi-pur.de weitere 1618 Gedichte veröffentlicht.

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