Morgen Sonnet von Andreas Gryphius
1 |
DIe ewig helle Schaar wil nun ihr Licht verschliessen / |
2 |
Diane steht erblaßt; die Morgenrötte lacht |
3 |
Den grauen Himmel an / der sanffte Wind erwacht / |
4 |
Vnd reitzt das Federvolck / den neuen Tag zu grüssen. |
5 |
Das Leben dieser Welt / eilt schon die Welt zu küssen / |
6 |
Vnd steckt sein Haupt empor / man siht der Stralen Pracht |
7 |
Nun blinckern auff der See: O dreymal höchste Macht |
8 |
Erleuchte den / der sich itzt beugt vor deinen Füssen! |
9 |
Vertreib die dicke Nacht / die meine Seel vmbgibt / |
10 |
Die Schmertzen Finsternüß / die Hertz vnd Geist betrübt / |
11 |
Erquicke mein Gemütt / vnd stärcke mein Vertrauen. |
12 |
Gib / daß ich diesen Tag / in deinem Dinst allein |
13 |
Zubring; vnd wenn mein End’ vnd jener Tag bricht ein |
14 |
Daß ich dich / meine Sonn / mein Licht mög ewig schauen. |
Details zum Gedicht „Morgen Sonnet“
Andreas Gryphius
1
14
122
1658
Barock
Gedicht-Analyse
Das vorliegende Sonett trägt den Titel „Morgen Sonnet“ und wurde von dem deutschen Barockdichter Andreas Gryphius verfasst, der von 1616 bis 1664 lebte. Dies platziert das Gedicht in eine Epoche, in der wegen des Dreißigjährigen Krieges Tod, Vergänglichkeit und spirituelle Fragen wichtig waren.
Auf den ersten Blick fällt die Verwendung von Naturbildern auf, um eine friedliche und hoffnungsvolle Stimmung der Morgenröte zu erzeugen. Diese Atmosphäre steht jedoch im Kontrast zu den körperlichen und geistigen Qualen des lyrischen Ichs.
Inhaltlich beschreibt das lyrische Ich den Morgen, wie er erwacht und die Welt erhellt. Hierbei beschreibt Vers 1 bis 8 die Schönheit und Kraft des beginnenden Tages. In Vers 9 bis 14 wechselt das lyrische Ich zu einem persönlichen und flehenden Ton. Es bittet um Erleuchtung und Vertreibung seiner inneren Dunkelheit, damit es den neuen Tag sinnvoll nutzen und sich für das ewige Licht öffnen kann.
Formal handelt es sich bei dem Gedicht um ein Sonett, bestehend aus 14 Versen, die in zwei Quartette und zwei Terzette eingeteilt sind. Die Sprache ist altertümlich und geprägt von einem gehobenen Wortschatz („Morgenrötte“, „Federvolck“, „ewig helle Schaar“). Der Text enthält viele ausschmückende Adjektive und Metaphern, die das Morgenlicht, das Leben und den Tag beschreiben. Insbesondere ist die Sonne als Symbol für Gott und die göttliche Erleuchtung zu verstehen.
Zusammengefasst kann gesagt werden, dass „Morgen Sonnet“ von Andreas Gryphius den Kontrast von Licht und Dunkelheit nutzt, um die Existenzangst und spirituelle Suche des lyrischen Ichs zu beschreiben. Es spiegelt die Epoche des Barocks wider, in der das Leben oft als kurz und vergänglich gesehen wurde, aber auch die Hoffnung auf göttliche Erlösung und Erleuchtung stark war.
Weitere Informationen
Der Autor des Gedichtes „Morgen Sonnet“ ist Andreas Gryphius. Gryphius wurde im Jahr 1616 in Glogau geboren. 1658 ist das Gedicht entstanden. Der Erscheinungsort ist Breßlau. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Barock zu. Der Schriftsteller Gryphius ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.
Die deutsche Literaturepoche des Barock begann circa 1600 und endete im Jahr 1720. Die wörtliche Übersetzung des portugiesischen Begriffes „barocco“ lautet „schiefrunde Perle“. Durch die Pest starben etwa 30 % der Bevölkerung. Auch der Dreißigjährige Krieg führte zu einem wirtschaftlichen, politischen und sozialen Verfall in Deutschland. Trotzdem lebten die Fürsten einen ausschweifenden und überaus luxuriösen Lebensstil vor. Sie nutzten das Durcheinander nach dem Dreißigjährigen Krieg, um eine Neuordnung der Territorien vorzunehmen und ihre Macht weiter auszubauen und zu festigen. Die Epoche des Barocks zeichnet sich primär durch die Antithetik, also einem von Widersprüchen und Gegensätzen geprägtem Bewusstsein, aus. Durch die Antithetik kommt es in der Epoche des Barocks vermehrt zur Verwendung von Gegensatzpaaren, wie zum Beispiel: Jenseits und Diesseits, Tugend und Wollust oder Weltverneinung und Weltzugewandtheit. Als Literaturgattungen genossen die Lyrik in Form von Sonetten, Liedern oder Oden, die Epik in Form des Romans und das Drama größere Bedeutung. Während die Schriftsteller der Renaissance vorwiegend auf Latein, der Sprache der Wissenschaft, schrieben, bemühte man sich nun, sich dem Deutschen zu widmen. Da während der Literaturepoche des Barocks der Wohlklang und die äußere Ästhetik eines literarischen Werkes eine bedeutende Rolle spielten, war die bevorzugte Literaturform jener Zeit das Gedicht. In den Gedichten wurden häufig Metaphern, Symbole und Hyperbolik (Übertreibung) verwendet.
Das Gedicht besteht aus 14 Versen mit nur einer Strophe und umfasst dabei 122 Worte. Die Gedichte „An Jolinden“, „An den gecreutzigten Jesum“ und „An den gefangenen Dicaeus“ sind weitere Werke des Autors Andreas Gryphius. Zum Autor des Gedichtes „Morgen Sonnet“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 463 Gedichte vor.
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