Moderne Lebensweisheit von Heinrich Kämpchen
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Komm’ her, mein Sohn, ich will dich Weisheit lehren: |
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Zuerst vor allem ist es deine Pflicht, |
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Du mußt den König und die Kirche ehren, |
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Denn ohne diese beiden geht es nicht. – |
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Dann mußt du mit der Polizei dich stellen |
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Auf guten Fuß – und mit den Hunden bellen |
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Nach Hundeart – doch darfst du unterdessen |
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Zurzeit dabei das Wedeln nicht vergessen. – |
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Fehlt auch der Schwanz, man kann es so schon machen |
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Und sichert sich dabei recht schöne Sachen |
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An Gunst und Geld, du siehst es ja bei mir. – |
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Zum Muster nimm dir auch das Schneckentier – |
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Durch Ueberhastung schadet man sich viel – |
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Wo du nicht geh’n kannst, kriech’ gemach zum Ziel. – |
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Auch übe dich recht fleißig im Lavieren – |
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Dreht sich der Wind – du mußt es gleich verspüren |
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Und dich mitdreh’n – oft hält dies sehr genau – |
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Sei nicht zu hitzig, doch auch nicht zu lau. – |
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Hab’ nie ’ne Meinung, die verstößt nach oben, |
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Und sei gewandt im Tadeln und im Loben, |
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Ganz selbstverständlich, wo’s am Platze ist. – |
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Daß du dich stets gerierst als guter Christ, |
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Als Patriot und stramme Ordnungsstütze, |
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Ist unerläßlich und zu vielem nütze. – |
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Dann noch, mein Sohn, beherzige die Lehr’: |
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Laß es an Lust und Müh’ dir nicht verdrießen – |
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Der Anfang ist in allen Dingen schwer – |
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Sei nur beharrlich und du wirst genießen |
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Gar reichen Lohn, wenn erst die Ernte reif. – |
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Wahr’ stets den Schein – doch auf die Skrupeln pfeif, |
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Denn was man so im Leben nennt Gewissen, |
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Ist für die Dummheit gut – drum sei beflissen, |
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Das Ding den andern fleißig vorzuführen, |
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Dich selber darf’s in keinem Fall genieren, |
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Emporzuklimmen auf der Lebensbahn – |
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Das Wörtchen „Ehre“ ist ein bloßer Wahn. – |
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Anseh’n ist gut – doch besser ist das Geld, |
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Und bist du erst zur Million geschnellt, |
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Ich sag’ es dir zu deinem Nutz und Frommen, |
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So werden leicht noch Millionen kommen, |
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Und alles and’re kommt von selbst mit an: – |
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Die Titel, Orden und der Ehrenmann – – |
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Magst du auch im geheimen drüber lachen – |
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Es hält die Welt gar viel auf solche Sachen. – |
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Du aber, Sohn, beherzige zum Schluß |
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Die Quintessenz von meinem ganzen Rat: |
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Der Weisheit A und O ist der Genuß – |
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Nach uns die Sündflut und – der Zukunftsstaat. – |
Details zum Gedicht „Moderne Lebensweisheit“
Heinrich Kämpchen
1
48
362
1909
Moderne
Gedicht-Analyse
Der Autor des Gedichtes „Moderne Lebensweisheit“ ist Heinrich Kämpchen. Der Autor Heinrich Kämpchen wurde 1847 in Altendorf an der Ruhr geboren. Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1909. Der Erscheinungsort ist Bochum. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text der Epoche Moderne zugeordnet werden. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben zur Epoche bei Verwendung. Die Zuordnung der Epoche ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Das Gedicht besteht aus 48 Versen mit nur einer Strophe und umfasst dabei 362 Worte. Heinrich Kämpchen ist auch der Autor für Gedichte wie „Abend am Rhein“, „Abendläuten“ und „Altendorf“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Moderne Lebensweisheit“ weitere 165 Gedichte vor.
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