Lütt Jan von Otto Ernst

Jan Boje wünscht sich lange schon
Ein Schiff – ach Gott, wie lange schon!
Ein Schiff so groß – ein Schiff – hurra:
Von hier bis nach Amerika.
 
Die höchsten Tannen sind zu klein,
Die Masten müßten Türme sein,
Die stießen – hei, was ist dabei?
Klingling das Himmelsdach entzwei.
 
Die Wolken wären Segel gut,
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Die knallen wild im Wind vor Wut,
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Jan Boje hängt am Klüverbaum
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Und strampelt nackt im Wellenschaum.
 
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Jan baumelt an der Reeling, Jan!
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Und schaukelt, was er schaukeln kann.
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Wenn’s an die Planken plitscht und platscht,
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Der blanke Steert ins Wasser klatscht.
 
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Wie greift er da die Fische flink;
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Ein Butt bei jedem Wellenblink!
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Die dörrt auf Deck der Sonnenschein,
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Und Jantje beißt vergnügt hinein.
 
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Jan Boje segelt immerfort,
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Spuckt über Back- und Steuerbord
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Und kommt zurück trotz Schabernack,
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Das ganze Schiff voll Kautabak.
 
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Wer aber ist Jan Boje, he?
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Der Teufelsmaat und Held zur See?
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Jan Boje ist ein Fischerjung’,
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Ein Knirps, ein Kerl, ein frischer Jung’.
 
29 
Grad liegt er auf dem Bauch im Sand
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Und lenkt ein schwimmend Brett am Band,
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Und ob die Woge kommt und geht,
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Ob sich sein Brett im Wirbel dreht –:
 
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Sein starrer Blick ins Ferne steht.
 
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Da schwillt’s heran im Sonnengleiß
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Von tausend Segeln breit und weiß;
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Da hebt sich manch ein Riesenbug
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Wie düst’rer Spuk und Augentrug …
 
38 
Das wandert ewig übers Meer.
39 
Wann kommt Jan Bojes Schiff daher?
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.6 KB)

Details zum Gedicht „Lütt Jan“

Autor
Otto Ernst
Anzahl Strophen
11
Anzahl Verse
39
Anzahl Wörter
230
Entstehungsjahr
1907
Epoche
Moderne

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Lütt Jan“ wurde von Otto Ernst, geboren am 7. Oktober 1862 und gestorben am 5. März 1926, verfasst. Es wurde somit in der Zeit des Deutschen Kaiserreichs (1871 - 1918) und der sich daraus entwickelnden literarischen Epoche des Naturalismus geschrieben.

Beim ersten Lesen des Gedichts fällt sofort der spielerische, fast kindgerechte Tonfall auf. Es wirkt wie ein fiktives Abenteuer, bepackt mit fantasievollen Bildern und klaren, einfachen Versen.

Der erste Teil des Gedichts beschreibt die Sehnsüchte und Träume des lyrischen Ichs, in diesem Fall des Fischerjungen Jan Boje. Er träumt davon, ein riesiges Schiff zu besitzen, das so groß ist wie der Weg bis Amerika. Die Dimensionen sind so übertrieben groß, dass die höchsten Tannen zu klein als Masten wären und die Wolken als Segel dienen könnten. Jan Boje stellt sich vor, wie er auf diesem Schiff segelt, Fische fängt und sogar ins Wasser springt.

Anschließend wird Jan Boje als Fischerjunge vorgestellt, der eigentlich nur auf dem Bauch im Sand liegt und ein schwimmendes Brett lenkt. Trotz seiner bescheidenen Realität bleibt sein Blick starr in die Ferne gerichtet, wo er sich all die großen Schiffe vorstellt. Die Frage am Ende - wann kommt Jan Bojes eigenes Schiff - betont die Träume und Sehnsüchte des Jungen.

Das Gedicht hat eine klare, einfache Form. Es besteht aus elf Strophen, meist mit vier Versen, außer der neunten Strophe, die aus einem Vers besteht, und der elften Strophe, die aus zwei Versen besteht. Die Sprache des Gedichts ist ebenfalls einfach, klar und sehr bildhaft. Es vermischt Realität und Fantasie, wobei die Realität oft durch übertriebene, fantastische Bilder ersetzt wird. Der Gebrauch von Alliterationen und inneren Reimen wie „plitscht und platscht“ oder „greift...flink; ...blink“ erhöht das rhythmische Gefühl des Gedichts und trägt zu seinem kindlichen Ton bei.

Abschließend lässt sich sagen, dass „Lütt Jan“ ein Gedicht ist, das von den Sehnsüchten und Träumen eines kleinen Jungen erzählt. Es ist ein einfacher Ausdruck der Kindheit, der Fantasie und der Unschuld, der den Wunsch nach Abenteuer und der Erforschung der weiten Welt hervorhebt.

Weitere Informationen

Otto Ernst ist der Autor des Gedichtes „Lütt Jan“. 1862 wurde Ernst in Ottensen bei Hamburg geboren. 1907 ist das Gedicht entstanden. Leipzig ist der Erscheinungsort des Textes. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Moderne zu. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben zur Epoche bei Verwendung. Die Zuordnung der Epoche ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Das vorliegende Gedicht umfasst 230 Wörter. Es baut sich aus 11 Strophen auf und besteht aus 39 Versen. Die Gedichte „Alles ist ewig“, „An einem leisen Bach“ und „Angelika“ sind weitere Werke des Autors Otto Ernst. Zum Autor des Gedichtes „Lütt Jan“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 64 Gedichte vor.

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