Köhlerknab’ von Heinrich Kämpchen

Bin nur ein Köhlerknab’,
Ohne jedwede Hab’,
Grabe mir selbst das Grab
In Kluft und Stein.
Unten im Kohlenschacht,
Tief in der Erdennacht,
Wo das Verderben wacht,
Haus’ ich allein. –
 
Bin von der Sonne fern,
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Schau’ weder Mond noch Stern,
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Wär’ auch im Lichte gern,
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Wie ihr am Tag. –
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Muß wie der Maulwurf, dumm,
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Wühlen im Grund herum,
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Habe nur um und um
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Mühe und Plag’. –
 
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Mir fehlt der Himmel blau,
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Mir fehlt die grüne Au,
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Fehlet der Labetau,
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Blume und Duft. –
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Stille des Lebens Not
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Oft nur mit trock’nem Brot,
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Ringe stets mit dem Tod
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Hier in der Gruft. –
 
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Lauscht ihr der Nachtigall,
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Hör’ ich den Widerhall
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Von der Geschosse Knall
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In meiner Schicht; –
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Krachend stürzt ein der Gang,
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Wenn er mich nicht verschlang
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(Bin ja nicht sterbensbang),
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Viel fehlte nicht. –
 
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Für euch der Sonnentag,
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Lustgang in Feld und Hag,
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Jubel und Zechgelag’,
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Wie’s euch gefällt. –
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Für mich die harte Fron,
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Für mich den Hungerlohn,
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Und dazu Spott und Hohn
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Oft noch gesellt. –
 
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Für euch das Gold, die Lust
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(Habt nie von Not gewußt),
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Siechtum und wunde Brust
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Für mich allein. –
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Bin nur ein Köhlerknab’,
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Ohne jedwede Hab’,
47 
Grabe mir selbst das Grab
48 
In Kluft und Stein. –
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.8 KB)

Details zum Gedicht „Köhlerknab’“

Anzahl Strophen
6
Anzahl Verse
48
Anzahl Wörter
200
Entstehungsjahr
1909
Epoche
Moderne

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Köhlerknab“ wurde von Heinrich Kämpchen verfasst, einem deutschen Schriftsteller, der während des Realismus von 1847 bis 1912 lebte.

Bei der ersten Lektüre hinterlässt das Gedicht einen bedrückenden und düsteren Eindruck. Es erzählt die Geschichte eines Kohlearbeiters, anscheinend eines jungen Jungen, der unter harten und gefährlichen Bedingungen in einer Kohlenmine arbeitet.

Das lyrische Ich beschreibt seinen Alltag in der Kluft und im Stein, fern von der Sonne, vom Mond und von den Sternen. Er sehnt sich nach der Fröhlichkeit und der Schönheit der Natur, die ihm durch seine Arbeit vorenthalten wird – das Himmelsblau, grünes Gras, Tau, Blumen und Duft fehlen ihm. Stattdessen ist sein Leben von harter Arbeit, ärztlicher Versorgung und ständiger Begegnung mit dem Tod geprägt. Ironischerweise kontrastiert er die Freude und das Gold, die anderen zugutekommen, mit der Mühe und der Krankheit, die ihm zuteilwerden. Am Ende des Gedichts thematisiert er noch einmal seine bittere Situation als Köhlerknabe, der sich sein eigenes Grab gräbt.

Die Form des Gedichts ist in verschiedene Strophen mit jeweils acht Versen unterteilt. Der Autor verwendet einen einfachen, unkomplizierten Sprachstil, der dem Leser eine direkte Perspektive auf die Nöte des lyrischen Ichs gibt. Die Worte sind deutlich und unbeschönigt, und eine Vielzahl düsterer Bilder wird benutzt, um den Alltag und das emotionale Leid des lyrischen Ichs zu illustrieren.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Kämpchens „Köhlerknab“ ein kraftvolles und düsteres Gedicht ist, das socialen Missstände und die schweren Bedingungen der Arbeiterschicht Ende des 19. Jahrhunderts aufzeigt. Es ist eine Anklage gegen eine Gesellschaft, die solche Bedingungen zulässt und hervorhebt, wie schwierig das Leben für Menschen sein kann, die am unteren Ende der sozialen Leiter stehen.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Köhlerknab’“ ist Heinrich Kämpchen. Im Jahr 1847 wurde Kämpchen in Altendorf an der Ruhr geboren. Das Gedicht ist im Jahr 1909 entstanden. Bochum ist der Erscheinungsort des Textes. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text der Epoche Moderne zugeordnet werden. Prüfe bitte vor Verwendung die Angaben zur Epoche auf Richtigkeit. Die Zuordnung der Epoche ist auf zeitlicher Ebene geschehen. Da sich Literaturepochen zeitlich überschneiden, ist eine reine zeitliche Zuordnung häufig mit Fehlern behaftet. Das 200 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 48 Versen mit insgesamt 6 Strophen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Heinrich Kämpchen sind „Am Marienbrönnlein“, „Am Rhein“ und „Am Weinfelder Maar“. Zum Autor des Gedichtes „Köhlerknab’“ haben wir auf abi-pur.de weitere 165 Gedichte veröffentlicht.

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