Gegen Norden von Georg Heym

Die braunen Segel blähen an den Trossen,
Die Kähne furchen silbergrau das Meer.
Der Borde schwarze Netze hangen schwer
Von Schuppenleibern und von roten Flossen.
 
Sie kehren heim zum Kai, wo raucht die Stadt
In trübem Dunst und naher Finsternis.
Der Häuser Lichter schwimmen ungewiß
Wie rote Flecken, breit, im dunklen Watt.
 
Fern ruht des Meeres Platte wie ein Stein
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Im blauen Ost. Von Tages Stirne sinkt
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Der Kranz des roten Laubes, da er trinkt,
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Zur Flut gekniet, von ihrem weißen Schein.
 
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Es zittert Goldgewölke in den Weiten
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Vom Glanz der Bernsteinwaldung, die enttaucht
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Verlorner Tiefe, wenn die Dämmerung raucht,
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In die sich gelb die langen Äste breiten.
 
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Versunkne Schiffer hängen in den Zweigen.
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Ihr langes Haar schwimmt auf der See wie Tang.
19 
Die Sterne, die dem Grün der Nacht entsteigen,
20 
Beginnen frierend ihren Wandergang.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.5 KB)

Details zum Gedicht „Gegen Norden“

Autor
Georg Heym
Anzahl Strophen
5
Anzahl Verse
20
Anzahl Wörter
135
Entstehungsjahr
1911
Epoche
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Das vorgegebene Gedicht stammt von Georg Heym, einem expressionistischen Dichter, der von 1887 bis 1912 lebte. „Gegen Norden“ kann als Teil einer Sammlung seiner dichterischen Werke betrachtet werden, wobei der Expressionismus zu Beginn des 20. Jahrhunderts seine Blütezeit hatte.

Von Beginn an erweckt das Gedicht einen stimmungsvollen und düster-melancholischen Eindruck. Es fängt die Atmosphäre eines küstennahen Bereichs ein, wo Boote das Meer durchpflügen und die Stadt mit einer eher trüben Aura beschrieben wird. Die Gesamtdarstellung ist von einer kühlen, leicht melancholischen Stimmung geprägt.

Inhaltlich stellt das gedichtliche Ich eine bukolische Seeszene dar, die angesichts des beginnenden Tages endet. Es spricht von die Heimkehr von Booten, behängt mit den Früchten ihrer Arbeit, in eine abgelegene, rauchende Stadt. Dies setzt sich dann fort mit dem Schwenk auf das offene Meer und der Beschreibung des Tagesanbruchs, wobei die scheinbar besteigende Sonne einen Schein auf dem Meer verursacht. Versunkene Schiffer, ein metaphorisches Bild für vielleicht getötete oder verlorene Seemänner, fügen sich in diese stimmungsvolle Seelandschaft ein.

Hinsichtlich Form und Sprache präsentiert das Gedicht eine strukturierte vierzeilige Strophenform. Jede einzelne Zeile bildet dabei ein eigenes, fast malerisches Bild, wobei die Wahl von Adjektiven wie „braunen“, „silbergrau“ und „schwarze“ zur Schaffung einer düsteren, melancholischen Atmosphäre beiträgt. Das gedichtliche Ich verwendet auch viele maritime Metaphern und direkte physische Beschreibungen, um die Szene zum Leben zu erwecken.

Insgesamt legt Heym in „Gegen Norden“ durch seine detaillierten visuellen Bilder und den Einsatz von Stimmung und Metapher einen starken Fokus auf die Natur und transzendiert gleichzeitig die physische Darstellung, indem er die maritime Szene als Metapher für größere Themen wie die Vergänglichkeit und das Vergehen der Zeit nutzt. Damit bleibt das Gedicht tief in der Tradition des literarischen Expressionismus verwurzelt, den Georg Heym so meisterhaft repräsentiert.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Gegen Norden“ des Autors Georg Heym. 1887 wurde Heym in Hirschberg geboren. Das Gedicht ist im Jahr 1911 entstanden. Der Erscheinungsort ist Leipzig. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Expressionismus zu. Der Schriftsteller Heym ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das 135 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 20 Versen mit insgesamt 5 Strophen. Georg Heym ist auch der Autor für Gedichte wie „Columbus“, „Das Fieberspital“ und „Der Abend“. Zum Autor des Gedichtes „Gegen Norden“ haben wir auf abi-pur.de weitere 79 Gedichte veröffentlicht.

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