Berlin III von Georg Heym

Schornsteine stehn in großem Zwischenraum
Im Wintertag, und tragen seine Last,
Des schwarzen Himmels dunkelnden Palast.
Wie goldne Stufe brennt sein niedrer Saum.
 
Fern zwischen kahlen Bäumen, manchem Haus,
Zäunen und Schuppen, wo die Weltstadt ebbt,
Und auf vereisten Schienen mühsam schleppt
Ein langer Güterzug sich schwer hinaus.
 
Ein Armenkirchhof ragt, schwarz, Stein an Stein,
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Die Toten schaun den roten Untergang
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Aus ihrem Loch. Er schmeckt wie starker Wein.
 
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Sie sitzen strickend an der Wand entlang,
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Mützen aus Ruß dem nackten Schläfenbein,
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Zur Marseillaise, dem alten Sturmgesang.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.1 KB)

Details zum Gedicht „Berlin III“

Autor
Georg Heym
Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
14
Anzahl Wörter
87
Entstehungsjahr
1911
Epoche
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Der Autor des Gedichts ist Georg Heym, der 1887 geboren wurde und 1912 starb, was das Gedicht in die Epoche des Expressionismus einordnet, eine Zeit großer sozialer und kultureller Veränderungen.

Auf den ersten Blick wird eine düstere, industrielle Stadtlandschaft beschrieben. Schornsteine, Arbeitsverkehr und ein Armenfriedhof dominieren das Bild. Es entsteht ein Gefühl von Trostlosigkeit, Kälte und Monotonie.

Das lyrische Ich beschreibt die Szenerie in sehr bildhaften, kaum euphemistischen Formulierungen, welche eine ungemütliche und deprimierende Atmospäre hervorrufen. Die Ausdrücke „Schornsteine“, „Wintertag“, „schwarzer Himmel“ und „ebben“ erzeugen eine Szenerie des Mobben und der Sterblichkeit.

Auf inhaltlicher Ebene scheint das lyrische Ich ein Bild von Berlin zu einer bestimmten, eher harten Zeit zu zeichnen, in der der Alltag und das Leben der Menschen von der Arbeit und dem Elend geprägt waren. Mit der Marseillaise, dem Symbol der französischen Revolution, als dem „alten Sturmgesang“ könnte der Autor auf die Notwendigkeit eines tiefgreifenden gesellschaftlichen Wandels hinweisen, was auch zum Gedanken des Expressionismus passt.

Formal besteht das Gedicht aus vier Strophen, die ersten beiden habe vier Verse, die folgenden nur drei. Das Schema der Endreime ist unregelmäßig und scheint keinem spezifischen Muster zu folgen, könnte aber als Variation eines Kreuzreims interpretiert werden und verleiht dem Gedicht einen unvollständigen, unruhigen Klang.

Die Sprache des Gedichts ist bildhaft und metaphorisch, oft dunkel und schwer, was dem zentralen Thema der industriellen Stadt und ihrer Auswirkungen auf ihre Einwohner entspricht. Der Klang ist oft hart und abrupt, was den Inhalt des Gedichts akzentuiert.

Zusammengefasst bietet das Gedicht „Berlin III“ von Georg Heym eine düstere Darstellung des frühen 20. Jahrhunderts in Berlin, geprägt von Industrie, Armut und versteckter gesellschaftlicher Kritik. Der Stil und Inhalt sind typisch für den Expressionismus und bieten einen starken Kontrast zu der romantisierten Vorstellung von Städten, die in der vorherigen literarischen Epoche, dem Realismus, weit verbreitet war.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Berlin III“ des Autors Georg Heym. Im Jahr 1887 wurde Heym in Hirschberg geboren. Im Jahr 1911 ist das Gedicht entstanden. Leipzig ist der Erscheinungsort des Textes. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text der Epoche Expressionismus zugeordnet werden. Bei dem Schriftsteller Heym handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 87 Wörter. Es baut sich aus 4 Strophen auf und besteht aus 14 Versen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Georg Heym sind „Bist Du nun tot?“, „Columbus“ und „Das Fieberspital“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Berlin III“ weitere 79 Gedichte vor.

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