Morgennebel brodelt auf fernen Seen von Richard Dehmel
1 |
Morgennebel brodelt auf fernen Seen. |
2 |
Gelbes Laub tanzt über abgemähte |
3 |
Wiesen und zerfahrne Chausseen |
4 |
zur Musik der Telegraphendrähte; |
5 |
sturmbetroffen stockt ein Menschenpaar. |
6 |
Jäh ist eine Wanderschaar |
7 |
Schwalben durch die brausenden Pappeln |
8 |
und die Drähte hingeschossen, |
9 |
unbekümmert um die zerfetzten Genossen, |
10 |
die im Grase abgestürzt zappeln. |
11 |
Der Mann kürzt ihre Qual mit einigen Streichen. |
12 |
Nun weist er auf die kleinen Leichen: |
|
|
13 |
Ja, Mutter Isis: blick nur betroffen her! |
14 |
kannst du noch fliegen, Seele? und allein!? |
15 |
Dein Auge hat sehr stolzen Schein |
16 |
dann ist es gut: dann brauchst du mich nicht mehr. |
17 |
Zugvögeln gleich: da ziehn sie, planvoll verbunden, |
18 |
und denkt doch keiner an Ich und Du! |
19 |
schon sind sie, schau nur nach, im Nebel verschwunden, |
20 |
von einer Heimat der andern zu |
21 |
zum jammervollsten Tod bereit |
22 |
in ihrer Sehnsuchtsherrlichkeit |
23 |
komm weiter! |
|
|
24 |
Er winkt in den Sturm, sein Stock zuckt wie ein Degen. |
25 |
Da tritt das Weib ihm voll entgegen: |
|
|
26 |
Lukas! Nun hast du deutlich genug gesprochen! |
27 |
kennst du das Wort Selbstherrlichkeit? |
28 |
Hältst du die Fürstin Lea für so gebrochen, |
29 |
daß sie sich umsieht, was ihr Halt verleiht? |
30 |
Nun will ich frei sein! frei auch vom letzten Band, |
31 |
das mich noch fesselt an jene Welt der Gecken. |
32 |
Frei, weil mir's ziemt; nicht Dir zum Unterpfand. |
33 |
Dann biet'ich dir vielleicht die Helfershand. |
34 |
Warum nicht früher, das wirst du bald entdecken. |
|
|
35 |
Sie nimmt seinen Arm; sie sieht, er lächelt eigen. |
36 |
Zwei Menschen fühlen, wie's stürmt, und schweigen. |
Details zum Gedicht „Morgennebel brodelt auf fernen Seen“
Richard Dehmel
5
36
232
1863 - 1920
Moderne
Gedicht-Analyse
Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Morgennebel brodelt auf fernen Seen“ des Autors Richard Dehmel. Geboren wurde Dehmel im Jahr 1863 in Wendisch-Hermsdorf, Mark Brandenburg. Im Zeitraum zwischen 1879 und 1920 ist das Gedicht entstanden. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text der Epoche Moderne zugeordnet werden. Bei dem Schriftsteller Dehmel handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 232 Wörter. Es baut sich aus 5 Strophen auf und besteht aus 36 Versen. Der Dichter Richard Dehmel ist auch der Autor für Gedichte wie „Bastard“, „Bitte“ und „Büßende Liebe“. Zum Autor des Gedichtes „Morgennebel brodelt auf fernen Seen“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 522 Gedichte vor.
+ Mehr Informationen zum Autor / Gedicht einblenden.
+ Wie analysiere ich ein Gedicht?
Weitere Gedichte des Autors Richard Dehmel (Infos zum Autor)
- An mein Volk
- Antwort
- Auf der Reise
- Aufblick
- Ballade vom Volk
- Bann
- Bastard
- Bitte
- Büßende Liebe
- Chinesisches Trinklied
Zum Autor Richard Dehmel sind auf abi-pur.de 522 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
Freie Ausbildungsplätze in Deiner Region
besuche unsere Stellenbörse und finde mit uns Deinen Ausbildungsplatz
erfahre mehr und bewirb Dich direkt