Ballade vom Volk von Richard Dehmel

Bahnhofsgewühl;
am Sperrgitter staut sich’s.
Schutzleute brüllen;
und rings glotzen tausend
Tiergesichter,
Hundegesichter,
Fuchsgesichter, ein Wolfsgesicht,
Schafsgesichter, Gänsegesichter,
ein kollernder Truthahn,
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grunzende Schweine –
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Volk.
 
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Der Zug fährt ein, hält.
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Das Gewühl wird still,
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einen Augenblick still.
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Am Fenster erscheint
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Bismarck
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und grüßt;
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und rings jubeln tausend
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leuchtende, glühende,
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funkelnde, strahlende,
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erzengelhelle Menschengesichter –
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Volk.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.3 KB)

Details zum Gedicht „Ballade vom Volk“

Anzahl Strophen
2
Anzahl Verse
22
Anzahl Wörter
54
Entstehungsjahr
1913
Epoche
Moderne

Gedicht-Analyse

Dieses Gedicht wurde von Richard Dehmel verfasst, einem deutschsprachigen Dichter und Schriftsteller, der in der Zeit vom Ende des 19. bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts lebte.

Es entführt den Leser zunächst in eine chaotische Bahnhofsszene, auf die man zunächst mit einer gewissen Unruhe und Verwirrung reagieren mag. Die Beschreibungen des Gedichts sind bildhaft und detailliert, so als ob man selbst Teil dieser Szene wäre. Eine menge verschiedenartiger „Tiergesichter“ repräsentieren das dramatische und wirre Gewühl von Menschen, das der Ich-Erzähler hier als „Volk“ bezeichnet.

Etwas Besonderes scheint zu geschehen, als ein Zug einfährt und die hektische Szene abrupt in eine faszinierte Stille umschlägt. Der erwähnte Bismarck verweist auf den historischen Kontext der Entstehungszeit von Dehmels Werk. Bismarck, als zentraler politischer Akteur des 19. Jahrhunderts, lässt das „Volk“ aufhorchen und in Bewunderung verstummen. Das Gewühl verwandelt sich in ein Meer aus leuchtenden, strahlenden und bestaunenden Menschengesichtern, die wiederum das „Volk“ repräsentieren.

In Bezug auf den Inhalt des Gedichts scheint Dehmel eine Art Kritik an der allgemeinen Begeisterung für Bismarck und die damit verbundene, fast blind anmutende Masse zu üben. Gleichzeitig dokumentiert das Gedicht die Macht, die eine einzelne Persönlichkeit auf eine große Menschenmasse haben kann.

Form und Sprache des Gedichts sind außergewöhnlich. Jede Strophe besteht aus elf Versen, was eher unüblich ist. Die Sprache ist eindeutig und reich an Metaphern. Dadurch wird das Gefühl der Masse und die Bewunderung für Bismarck auf eine visuelle und fühlbare Weise zum Ausdruck gebracht. Dies trägt dazu bei, dem Gedicht eine zusätzliche Dimension von Bedeutung und Interpretation zu verleihen.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Ballade vom Volk“ des Autors Richard Dehmel. Geboren wurde Dehmel im Jahr 1863 in Wendisch-Hermsdorf, Mark Brandenburg. Das Gedicht ist im Jahr 1913 entstanden. Berlin ist der Erscheinungsort des Textes. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht der Epoche Moderne zuordnen. Bei dem Schriftsteller Dehmel handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 54 Wörter. Es baut sich aus 2 Strophen auf und besteht aus 22 Versen. Weitere Werke des Dichters Richard Dehmel sind „Bann“, „Bastard“ und „Bitte“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Ballade vom Volk“ weitere 522 Gedichte vor.

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