Eine Weihnachtsstunde von Richard Dehmel

Laß, Liebster, die Lampe noch stehen
und rücke mit mir zum Kamin,
und laß in die Flammen uns sehen
und lauschen dem Zauber darin!
 
Und lege dein Haupt ans Herz mir
und blicke nicht traurig drein,
daß wir am Heiligen Abend
im Dunkeln sitzen! allein!
 
Horch, wie im Ofen wispert
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die Glut ihr heimlich Lied!
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schau, wie ein Lichterreigen
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über die Diele zieht!
 
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Draus schwillt's wie ein Singen und Weben
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von Märchenherrlichkeit,
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drin spielt's wie ein Schwingen und Schweben
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von Träumen der Kinderzeit:
 
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als wir noch fromm gebetet
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zum lieben Jesuchrist,
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der für uns arme Sünder
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vom Himmel kommen ist,
 
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als wir noch nicht verstanden,
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warum auf Golgatha
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ein brechend Menschenauge
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einst mild zur Erde sah.
 
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Und denke der großen Liebe,
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die treu bis in den Tod
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gerungen und gelitten
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für all der Brüder Not!
 
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Und denke des großen Glaubens,
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den Er zur Menschheit trug
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noch in der letzten Stunde,
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da man ans Kreuz ihn schlug!
 
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Und blicke nicht trüb, mein Liebster,
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daß Du noch ringst allein!
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und hoffe wie Er, daß Einstens
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die Goldne Zeit wird sein!
 
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Nun sehe dein Auge ich leuchten
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und strahlen Eigne Glut,
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nun richtet das Haupt dir wieder
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empor der alte Mut.
 
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Du bist mein Stolzer, mein Starker!
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du führst es Alles aus!
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Oh gründe und baue nur weiter
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an deinem stolzen Haus!
 
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Und übers Jahr ist's anders
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neig' her dein Ohr geschwind:
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da schmücken wir ein Bäumchen
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für ein lieb Menschenkind.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (27.2 KB)

Details zum Gedicht „Eine Weihnachtsstunde“

Anzahl Strophen
12
Anzahl Verse
48
Anzahl Wörter
238
Entstehungsjahr
1863 - 1920
Epoche
Moderne

Gedicht-Analyse

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Eine Weihnachtsstunde“ des Autors Richard Dehmel. Dehmel wurde im Jahr 1863 in Wendisch-Hermsdorf, Mark Brandenburg geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1879 bis 1920 entstanden. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Moderne kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Dehmel ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 48 Versen mit insgesamt 12 Strophen und umfasst dabei 238 Worte. Weitere Werke des Dichters Richard Dehmel sind „Aufblick“, „Ballade vom Volk“ und „Bann“. Zum Autor des Gedichtes „Eine Weihnachtsstunde“ haben wir auf abi-pur.de weitere 522 Gedichte veröffentlicht.

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