Säusle, liebe Myrte! von Clemens Brentano

Säusle, liebe Myrte!
Wie still ists in der Welt,
der Mond, der Sternenhirte
auf klarem Himmelsfeld,
treibt schon die Wolkenschafe
zum Born des Lichtes hin,
schlaf, mein Freund, o schlafe,
bis ich wieder bei Dir bin!
 
Säusle, liebe Myrte!
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und träum im Sternenschein,
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die Turteltaube girrte
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auch ihre Brut schon ein.
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Still ziehn die Wolkenschafe
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zum Born des Lichtes hin,
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schlaf, mein Freund, o schlafe,
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bis ich wieder bei Dir bin!
 
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Hörst Du, wie die Brunnen rauschen?
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Hörst Du, wie die Grille zirpt?
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Stille, stille, laß uns lauschen,
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selig, wer in Träumen stirbt;
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selig, wen die Wolken wiegen,
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wenn der Mond ein Schlaflied singt;
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o! wie selig kann der fliegen,
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dem der Traum den Flügel schwingt,
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daß an blauer Himmelsdecke
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Sterne er wie Blumen pflückt;
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schlafe, träume, flieg, ich wecke,
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bald Dich auf und bin beglückt!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.7 KB)

Details zum Gedicht „Säusle, liebe Myrte!“

Anzahl Strophen
3
Anzahl Verse
28
Anzahl Wörter
136
Entstehungsjahr
1778 - 1842
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Säusle, liebe Myrte!“ wurde von Clemens Brentano verfasst, einem bedeutenden Dichter der Romantik, der von 1778 bis 1842 lebte.

Bereits beim ersten Lesen ist die sanfte und ruhige Atmosphäre, die vom Gedicht ausgeht, spürbar. Die nächtliche Stille und das sanfte Säuseln der Myrte erzeugen eine beruhigende Wirkung und tauchen die Szene in einen friedlichen Schlaf.

Das Gedicht handelt von der Nacht und ihrer friedvollen Stille, die alles in Ruhe versinken lässt. Das lyrische Ich wendet sich direkt an eine „Myrte“, eine Pflanze, die hier womöglich als Metapher für eine geliebte Person stand. Es ermahnt sie zu säuseln, was einerseits auf ein zartes Geräusch der Pflanze durch den Wind hinweisen könnte, aber andererseits auch bedeutet, dass die Geliebte ruhen und schlafen soll. Das lyrische Ich zeichnet ein bildreiches Szenario des Nachthimmels mit Mond und Sternen, vergleicht Wolken mit Schafen, die vom Sternenhirten zum „Born des Lichtes“ (zum Sonnenaufgang) getrieben werden. Es fordert den Freund auf, zu schlafen, bis sie wieder zusammen sind.

In der dritten Strophe werden weitere nächtliche Geräusche hinzugefügt, das Rauschen der Brunnen und das Zirpen der Grillen. Dort spricht das lyrische Ich das Glück an, in Träumen zu sterben und sich davontragen zu lassen. Es beschreibt das Gefühl, in den Himmel zu fliegen und Sterne zu pflücken. Schließlich endet es mit der Zusage, den Geliebten bald zu wecken und überglücklich zu sein.

Das Gedicht ist in drei Strophen unterteilt, wobei die ersten beiden Strophen jeweils acht Verszeilen und die letzte Strophe zwölf Verszeilen umfasst. Die Verse sind in einem schön fließenden Rhythmus geschrieben, was die ruhige Atmosphäre des Gedichts betont. Reime sind in diesem Gedicht ebenfalls erkennbar, allerdings variieren sie in den einzelnen Strophen.

Die Sprache des Gedichts ist sehr bildhaft und poetisch, vor allem mit vielen Naturmetaphern und -vergleichen. Dadurch wirkt das Gedicht sehr malerisch und romantisch, was typisch für die Epoche der Romantik und Brentanos Schreibstil ist.

Insgesamt lässt sich sagen, dass das Gedicht „Säusle, liebe Myrte!“ eine tiefe Sehnsucht ausdrückt und dabei die traumhafte und ruhige Atmosphäre der Nacht einfängt. Es erweckt ein Gefühl von Frieden und Ruhe und zeigt gleichzeitig eine sehnsüchtige, liebevolle Beziehung.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Säusle, liebe Myrte!“ ist Clemens Brentano. Geboren wurde Brentano im Jahr 1778 in Ehrenbreitstein (Koblenz). Zwischen den Jahren 1794 und 1842 ist das Gedicht entstanden. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht der Epoche Romantik zuordnen. Der Schriftsteller Brentano ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.

Die Romantik ist eine Epoche der Kunstgeschichte, die vom Ende des 18. Jahrhunderts bis ins späte 19. Jahrhundert hinein die Literatur, Musik, Kunst und Philosophie prägte. Auf die Literatur beschränkt betrachtet reichen die Auswirkungen der Epoche lediglich bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts hinein. Die Romantik kann in drei Phasen unterteilt werden: Frühromantik (bis 1804), Hochromantik (bis 1815) und Spätromantik (bis 1848). Die Zeit der Romantik war für die Menschen in Europa von Umbrüchen geprägt. Die Französische Revolution (1789 - 1799) zog weitreichende Folgen für ganz Europa nach sich. Auch der Fortschritt in Wissenschaft und Technik, der den Beginn des industriellen Zeitalters einläutete, verunsicherte die Menschen und prägte die Gesellschaft. Weltflucht, Hinwendung zur Natur, Verklärung des Mittelalters (damalige Kunst und Architektur wurde nun wieder geschätzt), Rückzug in Fantasie- und Traumwelten, Betonung des Individuums und romantische Ironie sind typische Merkmale der Romantik. Die Themen der Romantik zeigen sich in verschiedenen Motiven und Symbolen. So gilt beispielsweise die Blaue Blume als das zentrale Motiv der Romantik. Sie symbolisiert Liebe und Sehnsucht und verbindet Natur, Mensch und Geist. Die Nacht hat ebenfalls eine besondere Bedeutung in der Romantik. Sie ist der Schauplatz für zahlreiche weitere Motive dieser Epoche: Tod, Vergänglichkeit und nicht alltägliche, obskure Phänomene. Im ebenfalls in dieser Epoche zu findenden Spiegelmotiv zeigt sich die Hinwendung der Romantik zum Unheimlichen. Die Stilepoche kennzeichnet sich vor allem durch offene Formen in Gedichten und Texten. Phantasie ist für die Schriftsteller der Romantik das Maß aller Dinge. Die Trennung zwischen Wissenschaft und Poesie, zwischen Wirklichkeit und Traum soll durchbrochen werden. Die Romantiker streben eine Verschmelzung von Kunst und Literatur an. Ihr Ziel ist es letztlich, alle Lebensbereiche zu poetisieren.

Das vorliegende Gedicht umfasst 136 Wörter. Es baut sich aus 3 Strophen auf und besteht aus 28 Versen. Clemens Brentano ist auch der Autor für Gedichte wie „Als Herr Künzel neulich bat“, „Kennt ihr das Fräulein Dienchen nicht ...“ und „Zu Koblenz auf der Brücken“. Zum Autor des Gedichtes „Säusle, liebe Myrte!“ haben wir auf abi-pur.de weitere 298 Gedichte veröffentlicht.

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