Nachklänge Beethovenscher Musik von Clemens Brentano

1.
Gott, dein Himmel faßt mich in den Haaren,
Deine Erde zieht mich in die Höhle,
Gott, wie soll ich doch mein Herz bewahren,
Daß ich deine Schätze sicherstelle,
Also fleht der Sänger und es fließen
Seine Klagen hin wie Feuerbronnen,
Die mit weiten Meeren ihn umschließen;
Doch inmitten hat er Grund gewonnen,
10 
Und er wächst zum rätselvollen Riesen.
11 
Memnons Bild, des Aufgangs erste Sonnen,
12 
Ihre Strahlen dir zur Stirne schießen,
13 
Klänge, die die alte Nacht ersonnen
14 
Tönest du, den jüngsten Tag zu grüßen:
15 
Auserwählt sind wen'ge, doch berufen
16 
Alle, die da hören, an die Stufen.
 
17 
2.
18 
Selig, wer ohne Sinne
19 
Schwebt, wie ein Geist auf dem Wasser,
20 
Nicht wie ein Schiff - die Flaggen
21 
Wechslend der Zeit, und Segel
22 
Blähend, wie heute der Wind weht,
23 
Nein ohne Sinne, dem Gott gleich,
24 
Selbst sich nur wissend und dichtend
25 
Schafft er die Welt, die er selbst ist,
26 
Und es sündigt der Mensch drauf,
27 
Und es war nicht sein Wille!
28 
Aber geteilet ist alles.
29 
Keinem ward alles, denn jedes
30 
Hat einen Herrn, nur der Herr nicht;
31 
Einsam ist er und dient nicht,
32 
So auch der Sänger!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.1 KB)

Details zum Gedicht „Nachklänge Beethovenscher Musik“

Anzahl Strophen
2
Anzahl Verse
32
Anzahl Wörter
182
Entstehungsjahr
1778 - 1842
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Das vorgelegte Gedicht „Nachklänge Beethovenscher Musik“ ist von Clemens Brentano verfasst, welcher einer der bedeutendsten Vertreter der Heidelberger Romantik ist. Dies macht eine zeitliche Einordnung in die Romantik von etwa 1795 bis 1848 möglich.

Das Gedicht, bestehend aus zwei Strophen mit jeweils fünfzehn Versen, weckt sofort den ersten Eindruck einer tiefgründigen Auseinandersetzung zwischen dem lyrischen Ich und seiner Verbindung zur Musik sowie zu Gott. Es sind auch Hinweise auf eine innere Zerrissenheit und Konflikte zu bemerken.

Der Inhalt umschreibt den Kampf und das Ringen des lyrischen Ichs mit der göttlichen Einheit und den heiligen Schätzen (den Geheimnissen Gottes). In der ersten Strophe ist ein Bild der Widersprüchlichkeit dargestellt, in welchem das lyrische Ich zwischen Himmel und Erde, Gott und Welt schwankt. Weiterhin geht es um die künstlerische Inspiration, die der Dichter aus Musik, insbesondere aus Beethovens Kompositionen zieht, und das lyrische Ich wächst somit zum rätselhaften Riesen. In der zweiten Strophe setzt sich dies durch ein noch tieferes Eintauchen in Spiritualität und transzendenten Zustand fort, und legt dabei das Paradox von Gott und Mensch, Kreation und Welt, Künstler und seiner Kunst offen.

Eine genaue Analyse der Form und Sprache des Gedichts zeigt, dass es sich um keinen klassischen, strikt strukturierten Text handelt. Stattdessen gleicht es eher einer lyrischen Prosa, die Elemente der Ode und Hymne übernimmt und in seinen stark assoziativen, rhythmischen Fluss eingebettet ist. Bezüglich der Sprache ist zu bemerken, dass es trotz der romantischen Ausdrucksweise eine Mischung aus lyrischer Poetik und Epik einhält, die nicht nur das tiefe Gefühl des lyrischen Ichs für Musik, sondern auch seine Sicht auf die Welt und seine Beziehung zu Gott reflektiert. Es ist eine gekonnte Kombination metaphysischer und zeitgenössischer Aspekte, die dem Gedicht seine tiefe Schichtung und Vielfalt verleiht.

Auffallend sind die wiederkehrenden thematischen Elemente wie Musik und Gott, die offenbar für das lyrische Ich von zentraler Bedeutung sind und eine tiefe Verbundenheit mit dem Werk Beethovens vermuten lassen und klar als Hommage an den Komponisten und dessen musikalische Genialität erkennbar ist.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Nachklänge Beethovenscher Musik“ ist Clemens Brentano. Geboren wurde Brentano im Jahr 1778 in Ehrenbreitstein (Koblenz). Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1794 und 1842. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Romantik zu. Der Schriftsteller Brentano ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.

Der Romantik vorausgegangen waren die Epochen der Weimarer Klassik und der Aufklärung. Die Literaturepoche der Romantik ist zeitlich vom Ende des 18. Jahrhunderts bis weit in das 19. Jahrhundert hinein einzuordnen. Insbesondere auf den Gebieten der bildenden Kunst, der Musik und der Literatur hatte diese Epoche Auswirkungen. Die Literaturepoche wird in Frühromantik (bis 1804), Hochromantik (bis 1815) und Spätromantik (bis 1848) unterschieden. Zu großen gesellschaftlichen Umbrüchen führte die Industrialisierung. Die neue Maschinenwelt förderte Verstädterung und Landflucht. Die zuvor empfundene Geborgenheit war für die Romantiker in Auflösung begriffen. In der Romantik finden sich verschiedene charakteristische Motivkreise. Sehnsucht und Liebe (Blaue Blume) oder das Unheimliche (Spiegelmotiv) sind wichtige zu benennende Motive. Auch politische Motive wie Weltflucht, Nationalismus und Gesellschaftskritik lassen sich aufzeigen. Das Mittelalter gilt bei den Romantikern als Ideal und wird verherrlicht. Übel und Missstände des Mittelalters bleiben unbeachtet. Die Romantik stellt die Freiheit der Phantasie sowohl über den Inhalt als auch über die Form des Werkes. Eine Konsequenz daraus ist ein Verschwimmen der Grenzen zwischen Lyrik und Epik. Die starren Regeln und Ziele der Klassik werden in der Romantik zurückgelassen. Eine gewisse Maß- und Regellosigkeit in den Werken fällt auf.

Das 182 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 32 Versen mit insgesamt 2 Strophen. Weitere Werke des Dichters Clemens Brentano sind „Als Herr Künzel neulich bat“, „Kennt ihr das Fräulein Dienchen nicht ...“ und „Zu Koblenz auf der Brücken“. Zum Autor des Gedichtes „Nachklänge Beethovenscher Musik“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 298 Gedichte vor.

+ Wie analysiere ich ein Gedicht?

Daten werden aufbereitet

Fertige Biographien und Interpretationen, Analysen oder Zusammenfassungen zu Werken des Autors Clemens Brentano

Wir haben in unserem Hausaufgaben- und Referate-Archiv weitere Informationen zu Clemens Brentano und seinem Gedicht „Nachklänge Beethovenscher Musik“ zusammengestellt. Diese Dokumente könnten Dich interessieren.

Weitere Gedichte des Autors Clemens Brentano (Infos zum Autor)

Zum Autor Clemens Brentano sind auf abi-pur.de 298 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.