Hussens Kerker von Conrad Ferdinand Meyer

Es geht mit mir zu Ende,
mein Sach und Spruch ist schon
hoch über Menschenhände
gerückt vor Gottes Thron,
schon schwebt auf einer Wolke,
umringt von seinem Volke,
entgegen mir des Menschen Sohn.
 
Den Kerker will ich preisen,
der Kerker, der ist gut!
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Das Fensterkreuz von Eisen
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blickt auf die frische Flut,
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und zwischen seinen Stäben
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seh ich ein Segel schweben,
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darob im Blau die Firne ruht.
 
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Wie nah die Flut ich fühle,
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als läg ich drein versenkt,
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mit wundersamer Kühle
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wird mir der Leib getränkt
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Auch seh ich eine Traube
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mit einem roten Laube,
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die tief herab ins Fenster hängt.
 
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Es ist die Zeit zu feiern!
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Es kommt die große Ruh!
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Dort lenkt ein Zug von Reihern
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dem ewgen Lenze zu,
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sie wissen Pfad und Stege,
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sie kennen ihre Wege
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Was, meine Seele, fürchtest du?
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.8 KB)

Details zum Gedicht „Hussens Kerker“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
28
Anzahl Wörter
136
Entstehungsjahr
1825 - 1898
Epoche
Realismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Hussens Kerker“ wurde von Conrad Ferdinand Meyer geschrieben, einem schweizerischen Dichter und Erzähler, der im 19. Jahrhundert lebte. Er war eine wichtige Figur der realistischen Literatur in der Schweiz und seine Werke hatten oft eine historische Verankerung.

Der erste Eindruck des Gedichtes vermittelt eine ernste, fast melancholische Stimmung, die durchaus zu der gegebenen Situation - dem lyrischen Ich sitzt in einem Kerker - passt. Gewisse Bilder wie „Es geht mit mir zu Ende“ und die Bezugnahme auf den Menschensohn, der allgemein als Bezeichnung für Jesus Christus verwendet wird, deuten auf eine bevorstehende Todeserwartung hin.

Inhaltlich scheint das lyrische Ich die Unvermeidlichkeit seines Schicksals zu akzeptieren und einen gewissen Frieden in seiner gegenwärtigen Situation zu finden. Es lobt den Kerker, schätzt die Aussicht auf Fluss und Berge und empfindet das Gefühl von kühlem Wasser auf seiner Haut. Es nimmt auch das Bild einer herabhängenden Traube wahr, die ein mögliches Symbol für den bevorstehenden Tod oder das Jenseits sein könnte. Die letzte Strophe stellt den Tod als einen Übergang, eine Reise zu einem „ewigen Frühling“ dar und stellt dem lyrischen Ich die Frage, warum es Angst hat.

Sprachlich verwendet Meyer eine einfache, aber kraftvolle Sprache, mit starken Bildern und Metaphern, wie zum Beispiel das herabhängende rote Laub und die vorbeiziehende Herde von Reihern. Die Form des Gedichts zeigt einen gleichbleibenden Rhythmus und Versmaß, was eine Art Beständigkeit und Ruhe im Gedicht wiederspiegeln könnte. Dies steht dann wiederum in starkem Kontrast zur äußerst unruhigen Situation des lyrischen Ichs.

Insgesamt zeigt „Hussens Kerker“ das Innere eines Menschen konfrontiert mit dem Tod, voller Ängste und Zweifel aber auch mit einer gewissen Erkenntnis und Akzeptanz des Unvermeidlichen. Es lässt uns nachdenken über Themen wie Tod, Angst, Akzeptanz und Hoffnung und erinnert uns daran, uns auf die essentiellen Dinge im Leben zu konzentrieren.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Hussens Kerker“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Conrad Ferdinand Meyer. Meyer wurde im Jahr 1825 in Zürich geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1841 und 1898. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht der Epoche Realismus zuordnen. Meyer ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das 136 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 28 Versen mit insgesamt 4 Strophen. Der Dichter Conrad Ferdinand Meyer ist auch der Autor für Gedichte wie „Unruhige Nacht“, „Nicola Pesces“ und „Möwenflug“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Hussens Kerker“ weitere 80 Gedichte vor.

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