Classisches Stilleben von August Heinrich Hoffmann von Fallersleben

Mel. Singend, und vom Saft der Reben
Glühend und vom Mädchenkuß.
 
Stört doch nicht die alten Jungen!
Denn sie lesen eben jetzt
Was Homeros hat gesungen
Und wie's Voß hat übersetzt.
 
Besser läßt es sich doch sitzen
Oben in dem Götterrath,
Als dereinst die Zeit verschwitzen
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Actenmatt im Magistrat.
 
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Besser klingen doch die Sagen
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Von der Götter Haß und Groll,
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Als der Bürger ew'ge Klagen
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Ueber Steuern, Mauth und Zoll.
 
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Besser klingt das Schiffregister
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Und so mancher Schlachtbericht,
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Als wenn uns ein Stockphilister
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Von dem letzten Budget spricht.
 
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Besser, wenn Thersites grimmig
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Ueber seinen König schreit,
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Als wenn unser Land einstimmig
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Schweiget von der Preßfreiheit.
 
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Besser klinget Priams Jammer,
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Daß sein Sohn im Kampf erlag,
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Als wenn unsre zweite Kammer
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Schreibet an den Bundestag.
 
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Besser klingt's, wenn nun im Feuer
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Endlich Trojas Feste steht,
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Als wenn unser Landtag heuer
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Ruhig auseinander geht.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.9 KB)

Details zum Gedicht „Classisches Stilleben“

Anzahl Strophen
8
Anzahl Verse
30
Anzahl Wörter
142
Entstehungsjahr
1798 - 1874
Epoche
Junges Deutschland & Vormärz

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Classisches Stilleben“ wurde von August Heinrich Hoffmann von Fallersleben verfasst, einem deutschen Dichter und Philologen, der am bekanntesten für seine Schöpfung des Textes zur deutschen Nationalhymne ist. Er lebte von 1798 bis 1874, womit das Gedicht zeitlich in die Epoche der Romantik oder des Biedermeier eingegliedert werden kann.

Bei der ersten Lektüre des Gedichts scheint es, dass das lyrische Ich die Welt der Antike und ihre Legenden gegenüber der zeitgenössischen politischen und bürokratischen Realität bevorzugt. Das Gedicht beginnt mit einer Verkörperung des Lebensgenusses durch Gesang, Wein und Liebe und wendet sich dann der Situation „der alten Jungen“ zu, die sich in das Studium der Klassik vertiefen.

Im Wesentlichen kritisiert das lyrische Ich die Gegenwartsprobleme wie die Bürokratisierung, Steuern, die Einschränkung der Pressefreiheit und politische Uneinigkeiten, und stellt sie dem Leben und den Geschichten der antiken Götter und Heroen gegenüber. Das lyrische Ich scheint den Trost und die Schönheit in der Klassik zu finden, wohingegen es die gegenwärtige politische und gesellschaftliche Situation als belastend und frustrierend empfindet.

Das Gedicht nimmt die Form von acht Strophen an, die jeweils aus vier Versen bestehen. Diese Regelmäßigkeit im Aufbau gibt dem Gedicht einen klaren und gut strukturierten Fluss. Sprachlich verwendet Hoffmann von Fallersleben eine klare und verständliche Sprache. Er spielt mit direkten Vergleichen und Gegenüberstellungen zwischen der Antike und der Gegenwart und nutzt dabei gezielte Worte, um den Kontrast zu betonen und damit seine Kritik zu unterstreichen.

Zusammenfassend ist zu sagen, dass „Classisches Stilleben“ eine scharfe Kritik an der Bürokratie und den politischen Missständen der Zeit darstellt, indem es diese der Welt der Antike und ihren Legenden gegenüberstellt. Dabei gelingt es Hoffmann von Fallersleben, durch den Gebrauch von Vergleichen, Widersprüchen und einer klaren Sprache eine eindrückliche und poetische Kritik zu formulieren.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Classisches Stilleben“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers August Heinrich Hoffmann von Fallersleben. 1798 wurde Hoffmann von Fallersleben in Fallersleben bei Wolfsburg geboren. Im Zeitraum zwischen 1814 und 1874 ist das Gedicht entstanden. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her der Epoche Junges Deutschland & Vormärz zuordnen. Bei dem Schriftsteller Hoffmann von Fallersleben handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 142 Wörter. Es baut sich aus 8 Strophen auf und besteht aus 30 Versen. Die Gedichte „Leicht in den Herzen“, „Mein Vaterland“ und „Munter getanzt! fröhlich gezecht!“ sind weitere Werke des Autors August Heinrich Hoffmann von Fallersleben. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Classisches Stilleben“ weitere 201 Gedichte vor.

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