Das Veilchen von Johann Wolfgang von Goethe
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Ein Veilchen auf der Wiese stand |
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Gebückt in sich und unbekannt; |
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Es war ein herzigs Veilchen. |
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Da kam eine junge Schäferin, |
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Mit leichtem Schritt und munterm Sinn, |
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Daher, daher, |
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Die Wiese her, und sang. |
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Ach! denkt das Veilchen, wär ich nur |
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Die schönste Blume der Natur, |
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Ach, nur ein kleines Weilchen, |
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Bis mich das Liebchen abgepflückt |
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Und an dem Busen matt gedrückt! |
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Ach nur, ach nur |
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Ein Viertelstündchen lang! |
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Ach! aber ach! das Mädchen kam |
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Und nicht in acht das Veilchen nahm, |
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Ertrat das arme Veilchen. |
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Es sank und starb und freut' sich noch: |
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Und sterb ich denn, so sterb ich doch |
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Durch sie, durch sie, |
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Zu ihren Füßen doch. |
Details zum Gedicht „Das Veilchen“
3
21
110
1774
Sturm & Drang,
Klassik
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Das Veilchen“ wurde von Johann Wolfgang von Goethe, einem der bedeutendsten Vertreter der Weimarer Klassik, geschrieben. Es wurde im Jahr 1774 veröffentlicht und kann somit der frühen Phase seiner literarischen Schaffenszeit zugeordnet werden.
Das Gedicht erzählt die tragische Geschichte eines Veilchens, das sich allein und unentdeckt auf einer Wiese befindet. Ein junges Mädchen, das mit einem fröhlichen Lied über die Wiese geht, übersieht das Veilchen und tritt es versehentlich tot. Das Veilchen, das sich wünschte, von der jungen Schäferin bemerkt und gepflückt zu werden, stirbt glücklich, weil es durch sie stirbt.
In seiner einfachen, zugänglichen Sprache spiegelt dieses Gedicht Goethes Auseinandersetzung mit den Motiven von Schönheit, Sehnsucht, Vergeblichkeit und Tod wider. Das lyrische Ich – das Veilchen – sehnt sich danach, von der Schäferin wahrgenommen und bewundert zu werden, wobei dieses Verlangen symbolisch für das menschliche Streben nach Anerkennung und Liebe steht.
Das Gedicht hat einen sehr rhythmischen, melodischen Fluss, der das Bild einer heiteren, unbeschwerten Szenerie hervorruft. Die Wiederholung des Wortes „Ach“ betont die Bedauern und Traurigkeit des Veilchens über seine unscheinbare Existenz und letztendliche Vernichtung. Obwohl die Geschichte tragisch endet, wird durch die Schlussverse eine Art Versöhnung erreicht, indem das Veilchen seine Zerstörung positiv interpretiert. Denn es stirbt „durch sie, zu ihren Füßen“, was seinen tiefen Wunsch erfüllt, von der geliebten Person wahrgenommen zu werden.
Die Form des Gedichts ist durch regelmäßige Strophen und Reime gekennzeichnet, was den Erzählcharakter des Textes betont. Der Gebrauch von Alliterationen (z.B. „Vielleicht, Veilchen“) und Assonanzen (z.B. „munter, Wiese“) tragen zu einer besonderen Musikalität und Textur des Gedichts bei.
Zusammengefasst lässt sich sagen, dass „Das Veilchen“ ein herausragendes Beispiel für Goethes Poesie ist, dass in seiner Einfachheit tiefe emotionale und philosophische Überlegungen zum menschlichen Dasein behandelt. Es verbindet gekonnt die Aspekte der Schönheit, Vergänglichkeit und Liebe, die auch in vielen anderen Werken Goethes zu finden sind.
Weitere Informationen
Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Das Veilchen“ des Autors Johann Wolfgang von Goethe. 1749 wurde Goethe in Frankfurt am Main geboren. Das Gedicht ist im Jahr 1774 entstanden. Eine Zuordnung des Gedichtes zu den Epochen Sturm & Drang oder Klassik kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Bei Goethe handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epochen.
Zwischen den Epochen Empfindsamkeit und Klassik lässt sich in den Jahren von 1765 bis 1790 die Strömung Sturm und Drang einordnen. Zeitgenössische Genieperiode oder Geniezeit sind häufige Bezeichnungen für diese Literaturepoche. Die wesentlichen Merkmale des Sturm und Drang lassen sich als ein Auflehnen oder Rebellieren gegen die Epoche der Aufklärung zusammenfassen. Das philosophische und literarische Leben in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts und die Literatur sollten dadurch maßgeblich beeinflusst werden. Die Vertreter der Epoche des Sturm und Drang waren häufig Autoren im jungen Alter, die sich gegen die vorherrschende Strömung der Aufklärung wandten. Die Autoren versuchten in den Dichtungen eine geeignete Sprache zu finden, um die persönlichen Empfindungen des lyrischen Ichs zum Ausdruck zu bringen. Die Nachahmung und Idealisierung von Schriftstellern aus vergangenen Epochen wie dem Barock wurde abgelehnt. Die alten Werke wurden dennoch geschätzt und dienten als Inspiration. Es wurde eine eigene Jugendkultur und Jugendsprache mit kraftvollen Ausdrücken, Ausrufen, Wiederholungen und Halbsätzen geschaffen. Mit dem Hinwenden Goethes und Schillers zur Weimarer Klassik endete der Sturm und Drang.
Die Weimarer Klassik ist eine Epoche der Literatur, die insbesondere von den Dichtern Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller geprägt wurde. Die Italienreise Goethes im Jahr 1786 markiert den Beginn der Epoche. Das Todesjahr von Goethe, 1832, markiert das Ende der Weimarer Klassik. In der Epoche sind Einflüsse der Französischen Revolution festzustellen. Wie der Name bereits verrät, liegen das literarische Zentrum und der Ausgangspunkt der Weimarer Klassik, die auch kurz Klassik genannt wird, in Weimar. Teilweise wird auch Jena als ein weiteres Zentrum dieser Literaturepoche angesehen. Der Begriff Humanität ist von zentraler Bedeutung für die Zeit der Klassik. Die wichtigsten inhaltlichen Merkmale der Klassik sind: Harmonie, Selbstbestimmung, Menschlichkeit, Toleranz und die Schönheit. In der Gestaltung wurde das Gesetzmäßige, Wesentliche, Gültige sowie der Ausgleich und die Harmonie gesucht. Im Gegensatz zum Sturm und Drang, wo die Sprache oft derb und roh ist, bleibt die Sprache in der Weimarer Klassik den sich selbst gesetzten Regeln treu. Goethe, Schiller, Herder und Wieland bildeten das „Viergestirn“ der Weimarer Klassik. Es gab natürlich auch noch weitere Autoren, die typische Werke veröffentlichten, doch niemand übertraf die Fülle und die Popularität dieser vier Autoren.
Das vorliegende Gedicht umfasst 110 Wörter. Es baut sich aus 3 Strophen auf und besteht aus 21 Versen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Johann Wolfgang von Goethe sind „An Lida“, „An den Mond“ und „An den Schlaf“. Zum Autor des Gedichtes „Das Veilchen“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 1618 Gedichte vor.
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