Der Erbe von Otto Ernst
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Ich hebe meine Geige |
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Ganz heimlich unters Kinn |
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Und zieh’ mit leisem Bogen |
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Ganz heimlich drüber hin. |
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Da hebt mein blondes Dirnlein |
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Den Fuß zum Tanzeschritt; |
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Der Braunen lichtes Stimmlein |
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Singt schon die Weise mit. |
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Die Jüngste wiegt ihr Püppchen: |
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„Marie Maruschka-ka“ – |
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Mit großen dunklen Augen |
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Sitzt stumm mein Bube da. |
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Er kennt vor unserm Fenster |
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Den alten Weidenbaum. |
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Wiegt auf dem höchsten Wipfel |
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Im Winde sich sein Traum? |
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Mein Sohn, in meinen Tönen |
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Hörst du der Winde Tanz? |
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Mein Sohn, in meinen Tönen |
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Siehst du der Wolke Glanz? |
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Mein Sohn, ich bin ein König, |
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Willst du mein Erbe sein? |
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Du wirst im Sonnenpurpur |
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Ein Fürst der Ferne sein. |
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Ich hab’ ein Schloß voll Schimmer |
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An einem fernen Meer – |
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Heb’ ich ans Kinn die Geige, |
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Kommt Gruß und Glück daher. |
Details zum Gedicht „Der Erbe“
Otto Ernst
7
28
130
1907
Moderne
Gedicht-Analyse
Das vorliegende Gedicht „Der Erbe“ wurde von Otto Ernst, einem deutschen Dichter und Schriftsteller, verfasst, der von 1862 bis 1926 lebte. Somit ist das Gedicht zeitlich in die Epoche des naturalistischen und impressionistischen Schreibstils einzuordnen.
Bei einer ersten Lesung erweckt das Gedicht einen ruhigen, verträumten Eindruck. Der Autor verwendet bildhafte Sprache, um intime heimische Szenen darzustellen und eine tiefere Verbindung zwischen Familie und Musik zu schaffen.
Inhaltlich behandelt das Gedicht das Musizieren des lyrischen Ichs, wahrscheinlich des Vaters, und die verschiedenen Reaktionen seiner Kinder darauf. Während die Töchter aktiv auf die Musik reagieren und tanzen oder singen, bleibt der Sohn ruhig und nachdenklich. Das lyrische Ich spricht direkt zu seinem Sohn und bietet ihm die Möglichkeit an, in seiner Fantasie mit der Musik zu reisen und eine Königsfamilie in einem entfernten Schloss zu sein.
Die Form des Gedichts ist in einzelne Vierzeilen-Strophen unterteilt, die jeweils ein eigenes kleines Bild oder eine Szene darstellen. Die Sprache ist einfach und nahbar, und fördert so die Intimität der Beschreibungen. Ernst benutzt Wiederholungen und Fragen, um den Sohn ins Gedichtgeschehen zu integrieren und ihm seine Liebe zur Musik und zur Fantasie näher zu bringen.
In der Betonung der geheimen, stillen Natur des Musizierens könnte das Gedicht auch eine Reflexion über die Rolle des Künstlers in einer Gesellschaft sein, die vielleicht nicht vollständig die Magie seiner Kunst versteht, der Künstler diese aber an die nächste Generation weitergibt. Der Titel „Der Erbe“ verweist auf diese Übergabe des künstlerischen Vermächtnisses. Schließlich vermittelt Ernst mit dem Gedicht die Idee, dass Musik die Fähigkeit hat, einen inneren Raum zu gestalten, der politischen oder sozialen Realitäten entschwinden kann.
Weitere Informationen
Das Gedicht „Der Erbe“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Otto Ernst. Ernst wurde im Jahr 1862 in Ottensen bei Hamburg geboren. Das Gedicht ist im Jahr 1907 entstanden. Der Erscheinungsort ist Leipzig. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht der Epoche Moderne zuordnen. Die Zuordnung der Epoche ist ausschließlich auf zeitlicher Basis geschehen. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben bei Verwendung. Das vorliegende Gedicht umfasst 130 Wörter. Es baut sich aus 7 Strophen auf und besteht aus 28 Versen. Der Dichter Otto Ernst ist auch der Autor für Gedichte wie „Ausflug“, „Blühendes Glück“ und „Chidhr“. Zum Autor des Gedichtes „Der Erbe“ haben wir auf abi-pur.de weitere 64 Gedichte veröffentlicht.
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