Die Stirn von Alfred Wolfenstein

Himmel baut sich um die Brust mir bis zum Kiefer,
Aber durchbrechend sein Dach
Sproßt mein Auge frei hinaus, indes die Hüften tiefer
Stehen in Wiese und Luft, grünem und blauem Gemach!
 
Aber durchbrechend das Dach - in welchen Räumen
Wächst mein Haupt? Unten in Meer
Und Wald und irdischen Maschinen schäumen
Die Dinge lärmend und schwer
 
Dennoch nur wie leiser Schlaf in engen Wänden,
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Wie ein bescheidenes Spiel!
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Aber riesig über Himmelsschultern, Bergeslenden,
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Schwebt die Stirn, - Sonne auf schmächtigem Stiel,
 
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Drache, unerschöpflich über seinen Hälsen,
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Mond über Ebbe und Flut,
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Hochgebirg über allen Felsen,
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Reicht die Stirn in jede Glut!
 
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In das Schicksal reicht die Stirn - und kann nicht siegen,
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Aber singen! - bis sie dem Schicksal gleicht an Glanz,
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Aus der Erde klingend weltallgebogne Spiralen durchfliegen,
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Bis sie hoch in den Sternen - mit Menschen sich trifft im Tanz.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (25.4 KB)

Details zum Gedicht „Die Stirn“

Anzahl Strophen
5
Anzahl Verse
20
Anzahl Wörter
143
Entstehungsjahr
1883 - 1945
Epoche
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Die Stirn“ wurde von Alfred Wolfenstein, einem deutschsprachig-jüdischen Lyriker und Dramaturgen aus dem frühen 20. Jahrhundert, verfasst. Er wurde am 28. Dezember 1883 geboren und verstarb am 22. Januar 1945, daher kann das Gedicht als Teil der expressionistischen Epoche verstanden werden. Diese Bewegung war von großer emotionaler Intensität und Abstraktion geprägt, was in Wolfensteins Gedicht deutlich zu erkennen ist.

Bei der ersten Durchsicht erzeugt das Gedicht einen starken und bewegenden Eindruck. Es regt den Leser dazu an, über seine eigene Existenz und seine Position in der Welt nachzudenken.

Inhaltlich reflektiert das lyrische Ich in diesem Gedicht über die Bedeutung und die Möglichkeiten des menschlichen Bewusstseins und des physischen Körpers in der Welt. Die „Stirn“ wird metaphorisch verwendet, um auf das Bewusstsein und die kognitiven Fähigkeiten des Menschen zu verweisen. Der Körper ist in der natürlichen Welt verwurzelt, doch das Bewusstsein oder die „Stirn“ ist frei und kann in den unendlichen Himmel hinausragen. Es kann sich in die Erfahrung und das Verständnis der Welt einbringen und ist doch durch seine menschliche Beschränkheit begrenzt.

Die Form und Sprache des Gedichts sind charakteristisch für die expressionistische Lyrik. Es besteht aus fünf Strophen zu je vier Versen und verwendet eine bildhafte, metaphernreiche Sprache, um komplexe Gedanken und Emotionen auszudrücken. Das lyrische Ich benutzt natürliche Bilder wie den Himmel, das Meer, die Wiese und den Wald, um die Weite und Unbegrenztheit des Bewusstseins zu illustrieren, während Maschinen und irdische Dinge die materielle Welt und ihre Limitationen darstellen.

Zusammengefasst: Alfred Wolfensteins „Die Stirn“ ist ein eindrucksvolles expressionistisches Gedicht, das auf metaphorische Weise die menschliche Existenz und das Erleben der Welt reflektiert. Es repräsentiert eine Schau auf die dualistische Natur des Menschen, der sowohl physisch in seiner Umwelt verankert ist, als auch durch sein Bewusstsein und seine Vorstellungskraft in der Lage ist, über diese hinaus zu gehen.

Weitere Informationen

Alfred Wolfenstein ist der Autor des Gedichtes „Die Stirn“. Geboren wurde Wolfenstein im Jahr 1883 in Halle. In der Zeit von 1899 bis 1945 ist das Gedicht entstanden. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text der Epoche Expressionismus zugeordnet werden. Bei dem Schriftsteller Wolfenstein handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 143 Wörter. Es baut sich aus 5 Strophen auf und besteht aus 20 Versen. Alfred Wolfenstein ist auch der Autor für Gedichte wie „Nacht im Dorfe“, „Musik des Kämpfers“ und „Tanz“. Zum Autor des Gedichtes „Die Stirn“ haben wir auf abi-pur.de keine weiteren Gedichte veröffentlicht.

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