Lehrsatz von Theodor Storm

Die Sonne scheint; laß ab von Liebeswerben!
Denn Liebe gleicht der scheuesten der Frauen;
Ihr eigen Antlitz schämt sie sich zu schauen,
Ein Rätsel will sie bleiben, oder sterben.
Doch wenn der Abend still herniedergleitet,
Dann naht das Reich der zärtlichen Gedanken;
Wenn Dämmrung süß verwirrend sich verbreitet
Und alle Formen ineinander schwanken,
Dann irrt die Hand, dann irrt der Mund gar leicht,
10 
Und halb gewagt, wird alles ganz erreicht.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (23.7 KB)

Details zum Gedicht „Lehrsatz“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
10
Anzahl Wörter
70
Entstehungsjahr
1817 - 1888
Epoche
Realismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Lehrsatz“ wurde von Theodor Storm verfasst, der von 1817 bis 1888 lebte. Somit lässt sich das Gedicht in das 19. Jahrhundert einordnen und gehört zur Literatur der Epoche des Realismus.

Der erste Eindruck des Gedichts ist verträumt, romantisch, aber auch rätselhaft. Es scheint von der Schüchternheit der Liebe und ihrer geheimnisvollen, undurchsichtigen Natur zu erzählen. Der Tag und die Nacht, Sonnenschein und Dämmerung spielen hierbei eine symbolische Rolle.

Inhaltlich spricht das lyrische Ich von der Liebe wie von einer sehr scheuen Frau, die sich schämt, ihr eigenes Gesicht zu betrachten und darum lieber ein Rätsel bleibt. Es rät dazu, von der Werbung um die Liebe abzulassen, wenn die Sonne scheint. Ein anderes Bild wird jedoch gezeichnet, wenn der Abend naht und die Dämmerung sich verbreitet. Hier zeigt sich die Liebe eher als ein Reich für zarte Gedanken. Mit der zunehmenden Ungewissheit der Nacht - wo Formen verschwimmen und sich ineinander verlieren - scheint auch die Annäherung an die Liebe leichter zu fallen.

Die Form des Gedichts ist nicht streng klassisch, denn es weist weder Reim noch festes Metrum auf. Die Sprache ist poetisch und bildreich, wobei die Metapher der scheuen Frau für die Liebe treffend das Thema der Liebe als flüchtig und schwer zu fassen illustriert. Die Wortwahl zeigt zudem eine Sehnsucht nach der Dunkelheit, als dem Moment, in dem die sonst so scheue Liebe erreichbar scheint.

Insgesamt lässt sich sagen, dass „Lehrsatz“ von Theodor Storm die Rätselhaftigkeit und Flüchtigkeit der Liebe thematisiert. Durch die Verwendung von Tag und Nacht als Metaphern wird ein symbolischer Gegensatz geschaffen, der die verschiedenen Seiten der Liebe beleuchtet: ihre Schüchternheit und ihre Erreichbarkeit in der Dunkelheit. Damit ist es ein sehr schönes und tiefgründiges Gedicht, das zum Nachdenken anregt.

Weitere Informationen

Theodor Storm ist der Autor des Gedichtes „Lehrsatz“. Geboren wurde Storm im Jahr 1817 in Husum. Im Zeitraum zwischen 1833 und 1888 ist das Gedicht entstanden. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Realismus kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Bei dem Schriftsteller Storm handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 10 Versen mit nur einer Strophe und umfasst dabei 70 Worte. Die Gedichte „Oktoberlied“, „Von Katzen“ und „Weihnachtslied“ sind weitere Werke des Autors Theodor Storm. Zum Autor des Gedichtes „Lehrsatz“ haben wir auf abi-pur.de weitere 131 Gedichte veröffentlicht.

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