Entartung von Heinrich Heine
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Hat die Natur sich auch verschlechtert, |
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Und nimmt sie Menschenfehler an? |
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Mich dünkt, die Pflanzen und die Tiere, |
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Sie lügen jetzt wie jedermann. |
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Ich glaub nicht an der Lilie Keuschheit, |
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Es buhlt mit ihr der bunte Geck, |
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Der Schmetterling; er küßt und flattert |
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Am End' mit ihrer Unschuld weg. |
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Von der Bescheidenheit der Veilchen |
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Halt ich nicht viel. Die kleine Blum', |
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Mit den koketten Düften lockt sie, |
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Und heimlich dürstet sie nach Ruhm. |
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Ich zweifle auch, ob sie empfindet, |
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Die Nachtigall, das, was sie singt; |
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Sie übertreibt und schluchzt und trillert |
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Nur aus Routine, wie mich dünkt. |
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Die Wahrheit schwindet von der Erde, |
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Auch mit der Treu' ist es vorbei. |
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Die Hunde wedeln noch und stinken |
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Wie sonst, doch sind sie nicht mehr treu. |
Details zum Gedicht „Entartung“
Heinrich Heine
5
20
124
1797 - 1856
Junges Deutschland & Vormärz
Gedicht-Analyse
Das vorgelegte Gedicht „Entartung“ stammt aus der Feder von Heinrich Heine, einem bedeutenden Dichter der Spätromantik in Deutschland. Er lebte von 1797 bis 1856, daher lässt das Gedicht vermutlich auf eine Entstehungszeit im 19. Jahrhundert schließen.
Auf den ersten Blick beschäftigt sich das lyrische Ich mit Beobachtungen aus der Natur, in der es einen Verfall von Tugenden und Werten wahrnimmt. Der Natur wird eine Menschlichkeit zugeschrieben, indem ihre Elemente vermenschlicht werden und menschliche Eigenschaften, insbesondere negative, annehmen.
Das Gedicht thematisiert eine Fehlentwicklung sowohl in der Natur als auch in der gesellschaftlichen Moral. Pflanzen, Tiere und auch Menschen scheinen in ihren Charaktereigenschaften sich zunehmend zu verschlechtern und sich von ehemaligen Tugenden zu entfernen.
Die Form des Gedichtes ist relativ simpel gehalten - vierzeilige Strophen mit einem klaren Rhythmus. Gleichzeitig besteht eine hohe Anzahl an rhetorischen Fragen, was zeigt, dass das lyrische Ich seine Wahrnehmungen und Gefühle in Frage stellt und zu einer konkreten Antwort gelangen möchte.
Besonders auffällig ist die Sprache des Gedichts. Sie ist durchzogen von Ironie und Sarkasmus, die sich in der Vermenschlichung der Natur (Anthropomorphismus) zeigen. Blumen, die nach Ruhm dürsten oder Vögel, die aus Routine trillern, sind Beispiele dafür, wie Heine die Natur benutzt, um Gesellschaftskritik zu äußern.
Insgesamt stellt „Entartung“ eine Kritik an der Abkehr von traditionellen Tugenden und der zunehmenden Verfehlung der Moral nicht nur in der Gesellschaft der Menschen, sondern auch in der Natur dar. Die Verwendung der Natur als Spiegel der Gesellschaft ist dabei ein typisches Merkmal Heines' poetischer Technik.
Weitere Informationen
Heinrich Heine ist der Autor des Gedichtes „Entartung“. 1797 wurde Heine in Düsseldorf geboren. Zwischen den Jahren 1813 und 1856 ist das Gedicht entstanden. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text der Epoche Junges Deutschland & Vormärz zugeordnet werden. Bei Heine handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das 124 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 20 Versen mit insgesamt 5 Strophen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Heinrich Heine sind „Ach, die Augen sind es wieder“, „Ach, ich sehne mich nach Thränen“ und „Ach, wenn ich nur der Schemel wär’“. Zum Autor des Gedichtes „Entartung“ haben wir auf abi-pur.de weitere 535 Gedichte veröffentlicht.
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