Einst segelt er nach England von Detlev von Liliencron

Einst segelt er nach England,
Die Söhne blieben zurück.
Sein Schiff: Die dicke Schlange,
Die machte nimmer bange
Den König Fortignange.
Regnar, wo blieb dein Glück?
 
O König Regnar, Vieledler,
Es ging dir diesmal schief.
Du wurdest bald gefangen,
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Und eh sie dich aufgehangen,
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Gezwickt mit glühenden Zangen,
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Die packten spitz und tief.
 
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Der König am Marterpfahle
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Schrie laut in Schmerz und Haß:
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Der Keiler in der Falle,
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Wüßtens die Ferkel alle,
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Sie brächten aus dem Stalle.
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Herr Fortignang ward blaß.
 
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Die Ferkel kamen geschwommen,
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Sie hörten des Keilers Geschrei.
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Sie kamen mit Windeseile
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Und schlugen mit Axt und Beile
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In Tausend kleine Teile
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Herrn Fortignang entzwei.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.7 KB)

Details zum Gedicht „Einst segelt er nach England“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
24
Anzahl Wörter
107
Entstehungsjahr
1844 - 1909
Epoche
Naturalismus

Gedicht-Analyse

Der Autor des Gedichts ist Detlev von Liliencron, der zur Epoche des Realismus und der Heimatkunst zählt, jedoch auch schon Elemente des Expressionismus in seiner Lyrik vorwegnahm. Er lebte von 1844 bis 1909.

Beim ersten Eindruck fällt auf, dass das Gedicht einen sehr erzählenden Charakter hat. Es scheint einen historischen Hintergrund zu haben und schildert eine dramatische Szene.

Inhaltlich erzählt das Gedicht die Geschichte von König Regnar, der eine Reise nach England unternimmt und dabei seine Söhne zurücklässt. Sein Schiff trägt den Namen „Die dicke Schlange“, und scheint ihm bis dahin immer Glück gebracht zu haben. Doch dieses Mal endet seine Reise in Gefangenschaft, Folter und Tod. In seiner Not ruft er nach seinen Söhnen (die mit „Ferkel“ metaphorisch bezeichnet werden), und diese kommen mit unerwarteter Wucht und Rache herbei, um ihren Vater zu rächen und den feindlichen König, Fortignang, zu töten.

Es scheint, dass das lyrische Ich hier eine alte Sage wiedergibt und dabei eine dramatische Geschichte von Ehre, Loyalität und väterlicher Liebe erzählt. Es geht um den Stolz und die Wut eines fallenden Königs und die wilde Entschlossenheit seiner Söhne, seine Ehre wiederherzustellen.

Formal besteht das Gedicht aus vier Strophen zu je sechs Versen. Die Reimstruktur ist frei. Die Sprache ist eher schlicht und direkt, was zur eindrücklichen Erzählstruktur des Gedichts passt. Gleichzeitig gibt es bildhafte Metaphern, z.B. das Schiff als „dicke Schlange“, die Söhne als „Ferkel“ und die Gewalt der Rache als das Zerschlagen in „tausend kleine Teile“. Solche Bilder und das etwas altertümliche Vokabular vermitteln den Eindruck einer alten Geschichte oder Sage.

Zusammengefasst ist das Gedicht eine dramatische Erzählung über Verrat, Mut und Rache. Es zeigt, dass Ehre und Loyalität in der Welt der Könige und Krieger ein hohes Gut sind, und dass Verrat bitter gerächt wird. Es setzt sich mit dem Konzept von Heldentum und dessen Konsequenzen auseinander und zeigt dabei auch die brutale Realität des Krieges und der politischen Intrigen. Die Kenntnisse des Autors zu historischen und mythologischen Stoffen beleben das Gedicht und machen deutlich, dass Dichtung als Mittel dient, um die Lektionen der Geschichte weiterzugeben.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Einst segelt er nach England“ des Autors Detlev von Liliencron. 1844 wurde Liliencron in Kiel geboren. Zwischen den Jahren 1860 und 1909 ist das Gedicht entstanden. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her der Epoche Naturalismus zuordnen. Bei Liliencron handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 107 Wörter. Es baut sich aus 4 Strophen auf und besteht aus 24 Versen. Detlev von Liliencron ist auch der Autor für Gedichte wie „Schöne Junitage“, „Herbst“ und „Dorfkirche im Sommer“. Zum Autor des Gedichtes „Einst segelt er nach England“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 63 Gedichte vor.

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