Blinde Kuh von Johann Wolfgang von Goethe

O liebliche Therese!
Warum seh’ ich so böse
Mit offnen Augen dich?
Die Augen fest verbunden,
Hast du mich gleich gefunden,
Und warum fingst du eben — mich?
 
Du faßtest mich auf’s beste,
Und hieltest mich so feste,
Ich sank in deinen Schooß.
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Kaum warst du aufgebunden,
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War alle Lust verschwunden;
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Du ließest kalt den Blinden los.
 
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Er tappte hin und wieder,
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Verrenkte fast die Glieder,
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Und alle foppten ihn.
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Und willst du mich nicht lieben;
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So geh’ ich stets im Trüben,
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Wie mit verbundnen Augen hin.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.2 KB)

Details zum Gedicht „Blinde Kuh“

Anzahl Strophen
3
Anzahl Verse
18
Anzahl Wörter
87
Entstehungsjahr
1770–1771
Epoche
Sturm & Drang,
Klassik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Blinde Kuh“ stammt von Johann Wolfgang von Goethe, einem der bedeutendsten Vertreter der Weimarer Klassik, der von 1749 bis 1832 gelebt hat. Es wurde daher vermutlich Ende des 18. oder Anfang des 19. Jahrhunderts verfasst.

Der erste Eindruck des Gedichts suggeriert eine melancholische und verletzte Stimmung des lyrischen Ichs. Das Spiel „Blinde Kuh“, das als Metapher aufgegriffen wird, signalisiert Verwirrung und die Schwierigkeit der Kommunikation zwischen zwei Personen.

In einfachen Worten geht das Gedicht um das lyrische Ich, das sich in Therese verliebt hat. Es fühlt sich von ihr angezogen, wenn es metaphorisch „blind“ ist, aber sobald es die Augen öffnet und die Wahrheit sieht, lässt Therese es im Stich. Die Kontaktaufnahme des lyrischen Ichs zu Therese erfolgt auf unsichere Weise, da es fast seine Glieder verrenkt und von allen verspottet wird. Am Ende drückt das lyrische Ich aus, wie es sich fühlen würde, wenn Therese seine Liebe nicht erwidert: es würde ständig im Dunkeln wandern, als ob es mit verbundenen Augen umhergeht.

Die Form des Gedichts besteht aus drei Sechszeilen-Strophen mit einem Reimemuster von AABBCC in jeder Strophe. Die Sprache ist direkt und personenbezogen mit einem starken Fokus auf das lyrische Ich und seine Emotionen. Die Metapher des Spiels „Blinde Kuh“ wird verwendet, um die Gefühle des lyrischen Ichs auszudrücken: Unsicherheit, Verwirrung, Verlangen und Enttäuschung. Die Verwendung von alltäglichen Handlungen und Spielen macht die universellen menschlichen Erfahrungen von Liebe und Verlust für den Leser leicht zugänglich.

Abschließend kann man festhalten, dass Goethes Gedicht „Blinde Kuh“ eine emotionale Reise durch die vielschichtigen Erfahrungen von Liebe, Ablehnung und Hoffnung darstellt. Dabei zeigt der Autor auf meisterhafte Weise, wie komplex und zugleich real diese Gefühle sind.

Weitere Informationen

Johann Wolfgang von Goethe ist der Autor des Gedichtes „Blinde Kuh“. Der Autor Johann Wolfgang von Goethe wurde 1749 in Frankfurt am Main geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes geht auf das Jahr 1771 zurück. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her den Epochen Sturm & Drang oder Klassik zuordnen. Goethe ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen.

Als Sturm und Drang (auch Genieperiode oder Geniezeit) bezeichnet man eine Literaturepoche, die auf die Jahre 1765 bis 1790 datiert werden kann. Sie knüpfte an die Empfindsamkeit an und ging später in die Klassik über. Die Epoche des Sturm und Drang war eine Protestbewegung, die aus der Aufklärung hervorging. Der Protest richtete sich gegen den Adel und dessen höfische Welt, sowie andere absolutistische Obrigkeiten. Er richtete sich aber auch gegen das Bürgertum, das als eng und freudlos galt, und dessen Moralvorstellungen veraltet waren. Als Letztes richtete sich der Protest der Epoche des Sturm und Drang gegen Traditionen in der Literatur. Die Vertreter der Epoche des Sturm und Drang waren häufig junge Autoren im Alter zwischen zwanzig und dreißig Jahren, die sich gegen die vorherrschende Strömung der Aufklärung wandten. Um die subjektiven Empfindungen des lyrischen Ichs zum Ausdruck zu bringen, wurde insbesondere darauf geachtet eine geeignete Sprache zu finden und in den Gedichten einzusetzen. Die Nachahmung und Idealisierung von Schriftstellern aus vergangenen Epochen wie dem Barock wurde abgelehnt. Die traditionellen Werke wurden dennoch geschätzt und dienten als Inspiration. Es wurde eine eigene Jugendkultur und Jugendsprache mit kraftvollen Ausdrücken, Ausrufen, Wiederholungen und Halbsätzen geschaffen. Die Epoche des Sturm und Drang endete mit der Hinwendung Schillers und Goethes zur Weimarer Klassik.

Prägend für die Literatur der Weimarer Klassik war die Französische Revolution. Menschen setzten sich dafür ein, dass für alle die gleichen Rechte gelten sollten. Der Beginn der Weimarer Klassik ist im Jahr 1786 auszumachen. Die Epoche der Klassik endete im Jahr 1832 mit dem Tod Goethes. Das Zentrum der Weimarer Klassik lag in Weimar. Oft wird die Epoche auch nur als Klassik bezeichnet. In Anlehnung an das antike Kunstideal wurde in der Weimarer Klassik nach Harmonie, Vollkommenheit, Humanität und der Übereinstimmung von Inhalt und Form gesucht. In der Lyrik haben die Dichter auf Stil- und Gestaltungsmittel aus der Antike zurückgegriffen. So war beispielsweise die streng an formale Kriterien gebundene Ode besonders beliebt. Des Weiteren verwendeten die Autoren eine gehobene, pathetische Sprache. Goethe, Schiller, Herder und Wieland bildeten das „Viergestirn“ der Weimarer Klassik. Es gab natürlich auch noch weitere Autoren, die typische Werke veröffentlichten, doch niemand übertraf die Fülle und die Popularität dieser vier Autoren.

Das vorliegende Gedicht umfasst 87 Wörter. Es baut sich aus 3 Strophen auf und besteht aus 18 Versen. Die Gedichte „Am 1. October 1797“, „Amytnas“ und „An Annetten“ sind weitere Werke des Autors Johann Wolfgang von Goethe. Zum Autor des Gedichtes „Blinde Kuh“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 1618 Gedichte vor.

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