Berliner Ballade von Klabund

Sie hing wie eine Latte
vom Schranke steif und stumm.
Am Morgen sah’s ihr Gatte,
lief nach dem Polizeipräsidium.
 
„Meine Frau“, so schrie er, „ist verschieden…“
Doch der Polizeiwachtmeister Schmidt,
rollte blutig seine Augen:
„Wie denn, ha’m Sie den Jeburtsschein mit?“
 
Dieses hatte er mit nichten,
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und er setzte sich in Trab,
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spät entsann er sich der ehelichen Pflichten,
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– schnitt sie ab.
 
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Und er legt den Strick an seine Kehle,
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vor dem Spiegel, peinlich und honett.
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Nimmt noch einen Schluck, befiehlt Gott seine Seele
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– schwapp, schon baumelt er am Ehebett.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.2 KB)

Details zum Gedicht „Berliner Ballade“

Autor
Klabund
Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
16
Anzahl Wörter
92
Entstehungsjahr
1927
Epoche
Literatur der Weimarer Republik / Neue Sachlichkeit

Gedicht-Analyse

Das vorgegebene Gedicht ist „Berliner Ballade“ von Klabund, einem deutschen Schriftsteller und Dichter des Expressionismus, der in der Zeit von 1890 bis 1928 lebte.

Der erste Eindruck beim Lesen des Gedichts lässt eine melancholische und dunkle Stimmung aufkommen, die durch das Thema Tod und Selbstmord stark hervorgehoben wird.

Inhaltlich handelt die Ballade von dem tragischen Zusammenhang zwischen einem Ehepaar in Berlin. Die Frau nimmt sich das Leben, indem sie sich erhängt, und ihr Mann entdeckt sie am nächsten Morgen in diesem Zustand. Verzweifelt und entsetzt rennt er zum Polizeirevier, um dort die Nachricht vom Tod seiner Frau zu überbringen. Doch der Polizeiwachtmeister scheint von dieser Situation unberührt zu bleiben und besteht nur auf die Vorlage eines Todesnachweises. Der Mann rennt zurück, um sich um die formellen Angelegenheiten zu kümmern und schneidet dabei die Leiche seiner Frau herunter. Abschließend nimmt er sich ebenfalls das Leben, indem er sich erhängt.

Das Lyrische Ich scheint dabei die Zuschauerperspektive einzunehmen und das tragische Geschehen mit einer gewissen Distanz und nüchternen Direktheit darzustellen. Das verdeutlicht vor allem die Auseinandersetzung mit dem ernsten Thema Tod und die vermeintliche Anonymität und Kälte innerhalb der Großstadt Berlin.

An der formalen Gestaltung lässt sich erkennen, dass das Gedicht in vier Strophen eingeteilt ist, jeder mit vier Versen in einem einfachen und direkten Sprachstil. Die Sprache ist dabei umgangssprachlich und enthält berlinerischen Dialekt, was der Ballade einen volkstümlichen Charakter verleiht. Klabund verwendet hierbei auch Humor und Ironie als stilistische Mittel, um die tragische Handlung zu begleiten und das Gewicht des Inhalts zu brechen.

Alles in allem thematisiert „Berliner Ballade“ den individuellen Umgang mit Tod und Trauer und die Anonymität in der Großstadt, wobei die ernsten Themen durch den Einsatz von umgangssprachlichem Berliner Dialekt, Humor und Ironie aufgefangen werden.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Berliner Ballade“ des Autors Klabund. Im Jahr 1890 wurde Klabund in Crossen an der Oder geboren. Im Jahr 1927 ist das Gedicht entstanden. Der Erscheinungsort ist Berlin. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her der Epoche Literatur der Weimarer Republik / Neue Sachlichkeit zuordnen. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben zur Epoche bei Verwendung. Die Zuordnung der Epoche ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Das vorliegende Gedicht umfasst 92 Wörter. Es baut sich aus 4 Strophen auf und besteht aus 16 Versen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Klabund sind „Altes Reiterlied“, „Ausmarsch“ und „Ballade“. Zum Autor des Gedichtes „Berliner Ballade“ haben wir auf abi-pur.de weitere 139 Gedichte veröffentlicht.

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