Auferstehung von Heinrich Heine
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Posaunenruf erfüllt die Luft, |
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Und furchtbar schallt es wieder; |
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Die Todten steigen aus der Gruft, |
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Und schütteln und rütteln die Glieder. |
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Was Beine hat, das trollt sich fort, |
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Es wallen die weißen Gestalten |
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Nach Josaphat, dem Sammelort, |
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Dort wird Gericht gehalten. |
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Als Freigraf sitzet Christus dort |
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In seiner Apostel Kreise. |
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Sie sind die Schöppen, ihr Spruch und Wort |
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Ist minniglich und weise. |
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Sie urtheln nicht vermummten Gesichts; |
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Die Maske läßt jeder fallen |
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Am hellen Tage des jüngsten Gerichts, |
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Wenn die Posaunen schallen. |
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Das ist zu Josaphat im Thal, |
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Da stehn die geladenen Schaaren, |
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Und weil zu groß der Beklagten Zahl, |
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Wird hier summarisch verfahren. |
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Das Böcklein zur Linken, zur Rechten das Schaf, |
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Geschieden sind sie schnelle; |
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Der Himmel dem Schäfchen fromm und brav, |
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Dem geilen Bock die Hölle! |
Details zum Gedicht „Auferstehung“
Heinrich Heine
6
24
128
1851
Junges Deutschland & Vormärz
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Auferstehung“ ist von Heinrich Heine, einem der bedeutendsten deutschen Dichter der Romantik. Es wurde vermutlich in der Zeit von 1841 bis 1843 verfasst, während seiner Pariser Exilphase.
Auf den ersten Blick wirkt das Gedicht apokalyptisch und ernst. Es scheint eine Darstellung des Jüngsten Gerichts zu sein, ein umfangreiches und komplexes religiöses Konzept, das in vielen Kulturen und Religionen auf der Welt präsent ist.
In Bezug auf den Inhalt lässt sich sagen, dass das lyrische Ich die Vision der Endzeit erzählt, in der die Toten aus ihren Gräbern auferstehen und sich zum Tal Josaphat begeben, um vor dem göttlichen Gericht zu erscheinen. Christus und seine Apostel fungieren als Richter, deren Urteile sowohl „minniglich“ als auch „weise“ sind. Beim Jüngsten Gericht bleiben keine Geheimnisse mehr verborgen, alle Masken werden fallengelassen. Die Anzahl der Menschen, die gerichtet werden müssen, ist so groß, dass es zu einer summarischen Verhandlung kommt. Am Ende trennt sich die Spreu vom Weizen, die Frommen kommen in den Himmel, die Sünder in die Hölle.
Anhand dieser Inhaltsangabe kann man durchaus interpretieren, dass Heines lyrisches Ich eine ironische Kritik am religiösen Konzept der Auferstehung und des Jüngsten Gerichts übt. Der Dichter hinterfragt die Idee einer finalen, summarischen Beurteilung von Gut und Böse und das binäre Konzept von Himmel und Hölle. Darüber hinaus könnte Heine mit der ironischen Darstellung des Gerichts auch Kritik an der zeitgenössischen Gesellschaft und Rechtssprechung ausüben.
Sprachlich-bezogen bietet das Gedicht eine lebendige, dynamische Darstellung mit lebhaften Bildern, die der Leser direkt vor Augen hat. Jede Strophe besteht aus vier Versen mit einem Kreuzreim, der das Lesen des Gedichts harmonisch und fließend macht. Während die Sprache und Struktur traditionell sind, ist Heines Umgang mit dem religiösen Sujet alles andere als das, was eine interessante Spannung im Gedicht schafft.
Weitere Informationen
Heinrich Heine ist der Autor des Gedichtes „Auferstehung“. Heine wurde im Jahr 1797 in Düsseldorf geboren. 1851 ist das Gedicht entstanden. Erschienen ist der Text in Hamburg. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht der Epoche Junges Deutschland & Vormärz zuordnen. Der Schriftsteller Heine ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das 128 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 24 Versen mit insgesamt 6 Strophen. Der Dichter Heinrich Heine ist auch der Autor für Gedichte wie „Alte Rose“, „Altes Lied“ und „Am Golfe von Biskaya“. Zum Autor des Gedichtes „Auferstehung“ haben wir auf abi-pur.de weitere 535 Gedichte veröffentlicht.
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