Tasso’s Gemach von Marie Eugenie Delle Grazie

Im letzten Abendschimmer,
Wie kahl und öd’ dein Zimmer:
Nach einem Sonnentraum
Ein nackter Zellenraum!
 
Dein Krucifix, das bleiche,
Die Mask’ von deiner Leiche,
Der Stuhl, in dem du starbst
Und endlich Ruh’ erwarbst,
 
Sonst nichts; doch dir zu Füßen
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Mit ihren Palmengrüßen
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Die Stadt der Christenheit,
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Die dir den Kranz geweiht!
 
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Wenn deines Weh’s Gespenster
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Dich hetzten, sprach dies Fenster:
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„Sieh deines Ruhmes Dom –
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Jerusalem und Rom!“
 
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Ferrara’s schnöde Bande,
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Dein Weh und deine Schande,
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Sie wurden oft zu nicht’,
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Vor dieses Trostes Licht!
 
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In Christi Wunden tauchte
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Dein Lied, dein Herzblut rauchte
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Für ihn, drum zog er dich
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Vom Kreuz empor zu sich!
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „Tasso’s Gemach“

Anzahl Strophen
6
Anzahl Verse
24
Anzahl Wörter
107
Entstehungsjahr
1892
Epoche
Realismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Tasso's Gemach“ wurde von Marie Eugenie Delle Grazie verfasst, die zwischen 1864 und 1931 lebte. Damit kann man das Gedicht zeitlich dem späten 19. und frühen 20. Jahrhundert zuordnen, einer Zeit, in der die Literatur stark geprägt war von Realismus und Naturalismus, obwohl das Gedicht selbst emotional und bildhaft ist.

Der erste Eindruck des Gedichts ist düster. Die Beschreibung des Zimmers als kahl und öde und der Hinweis auf den Tod weisen auf Trauer und Verlust hin. Das Gedicht erzählt von der einsamen Atmosphäre von Tasso's Gemach, seinen Leiden und seinem Tod. Das lyrische Ich beschreibt den Ort und die Atmosphäre in detailreicher und emotionaler Weise und vermittelt ein Bild von Tasso's Leiden und seinem Glauben.

Im Inhalt des Gedichts wird deutlich, dass das lyrische Ich die Atmosphäre von Tasso's Gemach beschreibt und durch verschiedene Symbole sein Leiden und seinen Tod verdeutlicht. Hier wird der historische Kontext deutlich: Der Dichter und Dramatiker Torquato Tasso war ein wichtiger Vertreter der italienischen Renaissance, litt jedoch unter psychischen Problemen und verbrachte Zeiten in Isolation und kam schließlich in einem Kloster ums Leben.

Das Gedicht besteht aus sechs Vierzeilern, sogenannten Quartetten, mit einem klaren Reimchema. Die Sprache des Gedichts ist bildhaft und emotional und nutzt religiöse Symbolik sowie historische Anspielungen, um die Gefühle und Erfahrungen von Tasso zu beschreiben.

Insgesamt bietet „Tasso’s Gemach“ von Marie Eugenie Delle Grazie eine eindrucksvolle Darstellung des Lebens und Leidens von Torquato Tasso. Es nutzt die dunkle Atmosphäre und karger Einrichtung seines Zimmers als Metapher für sein isoliertes und leidvolles Leben, betont aber auch seinen Glauben und sein Erbe in der Dichtung als Trost und Erhebung über sein Leiden.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Tasso’s Gemach“ stammt aus der Feder der Autorin bzw. Lyrikerin Marie Eugenie Delle Grazie. 1864 wurde Delle Grazie in Weißkirchen (Bela Crkva) geboren. Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1892. Leipzig ist der Erscheinungsort des Textes. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten der Autorin her der Epoche Realismus zuordnen. Die Schriftstellerin Delle Grazie ist eine typische Vertreterin der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 24 Versen mit insgesamt 6 Strophen und umfasst dabei 107 Worte. Weitere bekannte Gedichte der Autorin Marie Eugenie Delle Grazie sind „Abendsonnenschein“, „Abschied“ und „Addio“. Auf abi-pur.de liegen zur Autorin des Gedichtes „Tasso’s Gemach“ weitere 71 Gedichte vor.

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