Abschied von Marie Eugenie Delle Grazie

Vollmondnacht! Von allen Hügeln
Nieselt’s silberblau in’s Meer,
Auf des Südwind’s trägen Flügeln
Schwimmt’s narkotisch zu mir her –
Vollmondnacht!
 
Wund mein Herz .... der Wogen Rauschen
Scheucht die Ruh’ von meinem Pfühl –
Wie’s mich lockt, hinabzulauschen,
In die Nacht, so ahnungsschwül –
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Wund mein Herz ....
 
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Sieh’, da winkt es aus den Fluthen,
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Geisterhaft – Neapel’s Bild!
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Meine Seel’ fühl’ ich verbluten
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Und mein Herz pocht heiß und wild –
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Sieh’, da winkt’s!
 
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Und Vineta’s muß ich denken,
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Ach! und jedes Augenblick’s,
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Da ich fern’ werd’ dein gedenken,
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Du Vineta meines Glück’s –
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Meines Glück’s!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.3 KB)

Details zum Gedicht „Abschied“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
20
Anzahl Wörter
100
Entstehungsjahr
1892
Epoche
Realismus

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht „Abschied“ wurde von Marie Eugenie Delle Grazie verfasst, die im späten 19. und beginnenden 20. Jahrhundert lebte. Auf den ersten Blick wirkt das Gedicht melancholisch und träumerisch, mit starkem Bezug zur Natur und einem besonderen Fokus auf die Meerlandschaft und die nächtliche Atmosphäre.

Inhaltlich drückt das lyrische Ich ein Gefühl des Abschieds und des Verlusts aus. Es startet mit der Darstellung einer Vollmondnacht, die das Meer in ein silberblaues Licht taucht und eine narkotisch wirkende Stimmung erzeugt. Im zweiten Teil wird eine innere Unruhe, hervorgerufen durch das Rauschen der Wellen, beschrieben. Diese innere Qual führt das lyrische Ich dazu, in die „ahnungsschwül“ wirkende Nacht hinauszulauschen. In der dritten Strophe wird das Bild der Stadt Neapel beschrieben, das aus den Fluten auftaucht und intensive Gefühle im lyrischen Ich auslöst. Der Schluss nimmt Bezug auf die versunkene Stadt Vineta als Metapher für das verlorene Glück des lyrischen Ichs.

Formal besteht das Gedicht aus vier fünfzeiligen Strophen, was eine klar strukturierte und klassische Form aufzeigt. In jeder Strophe gibt es einen Refrain, der den Kerngedanken der jeweiligen Strophe hervorhebt („Vollmondnacht“, „Wund mein Herz“, „Sieh', da winkt's“, „Meines Glück’s“).

Sprachlich fällt auf, dass Delle Grazie ihre Emotionen und Sinneseindrücke durch reiche und bildhafte Sprache vermittelt. Sie verwendet Metaphern („Vollmondnacht“, „narkotisch“), Vergleiche („schwimmt's narkotisch zu mir her“), Alliterationen („Wund mein Herz“ und „Vineta’s muß ich denken“) und Personifikationen („Südwind's trägen Flügeln“), um die emotionalen Zustände des lyrischen Ichs und die Atmosphäre der Szenerie zu verdeutlichen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass „Abschied“ ein lyrischer Ausdruck von Verlust, Sehnsucht und emotionaler Qual ist, dargestellt durch intensive Naturbilder und -sinneseindrücke. Dabei verknüpft Marie Eugenie Delle Grazie auf kunstvolle Weise ihre inneren Zustände mit der äußeren Welt und schafft so ein eindrückliches Gedicht.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Abschied“ der Autorin Marie Eugenie Delle Grazie. Die Autorin Marie Eugenie Delle Grazie wurde 1864 in Weißkirchen (Bela Crkva) geboren. Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1892. Der Erscheinungsort ist Leipzig. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten der Autorin lassen eine Zuordnung zur Epoche Realismus zu. Delle Grazie ist eine typische Vertreterin der genannten Epoche. Das 100 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 20 Versen mit insgesamt 4 Strophen. Die Gedichte „Addio“, „Addio a Capri“ und „Apoll vom Belvedere“ sind weitere Werke der Autorin Marie Eugenie Delle Grazie. Auf abi-pur.de liegen zur Autorin des Gedichtes „Abschied“ weitere 71 Gedichte vor.

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