Rhythmisch bewegt von Marie Eugenie Delle Grazie

Rhythmisch bewegt
Tönt hier vom Frohsinn des Lebens
Wasser und Luft,
Rhythmisch
Jagt und rollt durch die Adern
Mir das Blut in dithyrambischen Takten!
 
Licht und Meer,
Wogen und Lüfte tanzen
Hier des Kreislauf’s lockendste Tarantella,
10 
Sich haschend und fliehend,
11 
Neckend und grollend,
12 
Aufschäumend nun
13 
In stürmender Leidenschaft, nun
14 
Berathmend in süß-geschmeidiger Müde….
 
15 
O Napoli,
16 
Stadt du, wie keine – gleich schön,
17 
Oh rasend nun das Meer
18 
Seine donnernden Rhythmen abzählt,
19 
An deinem zitternden Strand;
20 
Ob schwarzblau
21 
Die Wogen kreisen und
22 
Wie Seegespenster riesige Wassersäulen
23 
Aufschnellen, in bacchantischen Wirbeln sich
24 
Dem Ufer zudreh’n und silbernen Gischtes Rosen
25 
Nach deinen kichernden Schönen werfen –
26 
oder
27 
Ob sonnentrunken der Himmel
28 
In’s reglose Meer taucht,
29 
Um’s Haupt dir
30 
Das flirrende Diadem
31 
Des Lichtes schlingt und dich
32 
In Goldglanz badet, daß hell
33 
Und klar die fernen Küsten herübergrüßen,
34 
Sorrento’s hangende Wälder und
35 
Im Sonnenduft, wie eine verhüllte Schöne,
36 
Geheimnisvoll aufleuchtend, das träumende Capri….
 
37 
Still liegt
38 
Der lichbefruchtete Meeresschooß, und kräuselt
39 
In blauer Ferne ein Lufthauch die Wasser auf,
40 
So guckt es wie ein schimmernd Najadenköpfchen
41 
Zu dir herüber und staunt:
42 
„O bella Napoli, o suolo beato!“
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.8 KB)

Details zum Gedicht „Rhythmisch bewegt“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
42
Anzahl Wörter
185
Entstehungsjahr
1892
Epoche
Realismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Rhythmisch bewegt“ ist von Marie Eugenie Delle Grazie, einer österreichischen Schriftstellerin, die in der Zeit von 1864 bis 1931 lebte. Ihre Werke sind daher dem späten 19. und frühen 20. Jahrhundert zuzuordnen, das einerseits von naturalistischen, andererseits auch von expressionistischen Strömungen in der Literatur geprägt war.

Auf den ersten Blick wirkt das Gedicht durch seine Überfülle an maritimen und natürlichen Bildern sehr lebhaft und dynamisch. Es erzeugt das Gefühl von Bewegung und Energie, das durch die wiederholte Anspielung auf Rhythmen und Takte noch gesteigert wird.

Im Inhalt geht es in diesem Gedicht um ein lyrisches Ich, das beobachtet, wie die Natur sich rhythmisch bewegt und dabei Gefühle von Lebensfreude ausdrückt. Diese Bewegungen spiegeln sich in dem lyrischen Ich selbst, dessen Blut „in dithyrambischen Takten“ durch die Adern jagt. In der zweiten Strophe wird sich dieses rhythmische Spiel der Natur als „Tarantella“, einen schnellen italienischen Tanz, vorgeführt, der emotional aufgeladen und wechselhaft ist – mal stürmisch leidenschaftlich, mal ruhig und erschöpft. Dieser Rhythmus setzt sich in den stürmischen und sonnendurchtränkten Bildern der dritten Strophe fort, in der explizit die Stadt Neapel angesprochen wird. Dabei wird ihr Schönheit und Lebensfreude zugeschrieben und sie wird als strahlend und geheimnisvoll charakterisiert. Die letzte Strophe stellt eine Ruhe nach der vorausgegangenen Dynamik dar, in der das Meer still liegt und lediglich ein Hauch die Szenerie noch leicht bewegt.

Das Gedicht besteht aus vier Strophen, die unterschiedlich viele Verse enthalten und durch ihre assoziative Bildsprache sowie ihren klangvollen Rhythmus gekennzeichnet sind. Die poetische Sprache ist reich an Metaphern und Vergleichen und bedient sich zahlreicher Ausdrücke, die auf Sinneswahrnehmungen abzielen, wie Farben, Bewegungen und Geräusche. Durch die Verwendung von Wiederholungen, Alliterationen und Assonanzen baut das Gedicht einen kraftvollen, musikalischen Rhythmus auf, der die stetige Bewegung und Dynamik, die als Thema durch das ganze Gedicht gehen, untermauert. Ebenso unterstützen die Wortwahl und die im gesamten Gedicht verwendeten Motive die Emotionen und Eindrücke des lyrischen Ichs.

Weitere Informationen

Marie Eugenie Delle Grazie ist die Autorin des Gedichtes „Rhythmisch bewegt“. Im Jahr 1864 wurde Delle Grazie in Weißkirchen (Bela Crkva) geboren. Im Jahr 1892 ist das Gedicht entstanden. Erscheinungsort des Textes ist Leipzig. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten der Autorin her kann der Text der Epoche Realismus zugeordnet werden. Bei der Schriftstellerin Delle Grazie handelt es sich um eine typische Vertreterin der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 185 Wörter. Es baut sich aus 4 Strophen auf und besteht aus 42 Versen. Marie Eugenie Delle Grazie ist auch die Autorin für das Gedicht „Addio“, „Addio a Capri“ und „Apoll vom Belvedere“. Zur Autorin des Gedichtes „Rhythmisch bewegt“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 71 Gedichte vor.

+ Wie analysiere ich ein Gedicht?

Daten werden aufbereitet

Weitere Gedichte des Autors Marie Eugenie Delle Grazie (Infos zum Autor)

Zum Autor Marie Eugenie Delle Grazie sind auf abi-pur.de 71 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.