Opfer an Hygiea von Friederike Brun

Höre mich, Hygiea! Du rosenwangige Göttinn,
Sey der Flehenden hold, welche voll Hoffnung sich naht!
Statt der lachenden Horen, die sonst mein Leben umschwebten,
Schwärmet der Plagen Heer mir ums brennende Haupt.
Schöne freundliche Göttinn! gebeut den nächtlichen Plagen;
Stürze mit mächtigem Arm sie in den Orkus hinab!
Siehe der Jugend Schmuck, das braune wallende Haupthaar;
An des Altares Fuß leg’ ich weinend es hin!
Ach ein theures Opfer! Es war der Gespielinnen Freude,
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Wenn wir beym häuslichen Fest kränzten das glänzende Haar;
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Tändelnd haschten die Kindlein die langen wehenden Locken,
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Hob sie der scherzende West höher im frölichem Tanz.
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Darum segne den Quell, auf daß ein frischeres Leben
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Kühlend vom Scheitel hinab dämpfe die dörrende Glut!
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Sei der Flehenden hold, o rosenwangige Göttinn!
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Schenke Gesundheit mir, schenke mir frölichen Sinn!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.4 KB)

Details zum Gedicht „Opfer an Hygiea“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
16
Anzahl Wörter
131
Entstehungsjahr
1795
Epoche
Klassik

Gedicht-Analyse

Dieses Gedicht stammt von der dänisch-deutschen Dichterin Friederike Brun, die im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert tätig war. Die Bezugnahme auf Hygiea, die Göttin der Gesundheit, Hygiene und Prävention von Krankheiten in der griechischen Mythologie, deutet darauf hin, dass das lyrische Ich sich in einer gesundheitlichen Krisensituation befindet und um Genesung bittet.

Auf den ersten Eindruck nimmt das Gedicht eine prägnante, melancholische und bittende Tonlage an. Das lyrische Ich spricht direkt Hygiea an und äußert seinen Schmerz und seine Verzweiflung, da es durch „der Plagen Heer“ belästigt wird. Dies lässt vermuten, dass das lyrische Ich von Krankheit geplagt wird.

Der Inhalt des Gedichts ist eine Klage und ein Flehen an die Hygiea. Das lyrische Ich fleht die Göttin an, die nächtlichen Plagen zu beenden und sehnt sich nach einer Rückkehr zur Gesundheit und der Wiedererlangung ihres fröhlichen Gemüts. In der Mittelstrophe opfert das lyrische Ich symbolisch das „braune wallende Haupthaar“ an der Gottheit, das einst ihre Jugend und Schönheit betonte und Freude bei ihren Spielgefährtinnen hervorrief.

Die dichterische Form des Gedichts ist streng strukturiert, mit 16 Versen in einer einzigen Strophe und einem klaren Reimschema. Die Form spiegelt die Ernsthaftigkeit und Dringlichkeit des Themas wider. Die Sprache ist verfeinert und enthält viele Anklänge an griechische Mythologie und alten religiösen Riten, was der Bitte einen rituellen oder sakralen Charakter verleiht.

Die emotionale Wirkung des Textes ist stark. Durch den Einsatz von konkreter Bildsprache - wie das „brennende Haupt“, der „dörrende Glut“ - und dem persönlichen Opfer - „der Jugend Schmuck“ - vermittelt das Gedicht einen tiefen Einblick in die emotionalen und physischen Leiden des lyrischen Ichs.

Insgesamt ist Bruns Gedicht „Opfer an Hygiea“ ein bewegendes Gebet an die Göttin der Gesundheit, das mit bewusster Formalität und einer poetischen Sprache das Leid des lyrischen Ichs durch ihre Krankheit ausdrückt und inständig um Linderung bittet.

Weitere Informationen

Die Autorin des Gedichtes „Opfer an Hygiea“ ist Friederike Brun. Brun wurde im Jahr 1765 in Gräfentonna geboren. Im Jahr 1795 ist das Gedicht entstanden. Zürich ist der Erscheinungsort des Textes. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten der Autorin her lässt sich das Gedicht der Epoche Klassik zuordnen. Vor Verwendung der Angaben zur Epoche prüfe bitte die Richtigkeit. Die Zuordnung der Epoche ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen und daher anfällig für Fehler. Das Gedicht besteht aus 16 Versen mit nur einer Strophe und umfasst dabei 131 Worte. Weitere Werke der Dichterin Friederike Brun sind „Abendlandschaft von der Bellevüe am Genfersee, vor dem Gervaisthore“, „Abendphantasie“ und „An Augusta“. Auf abi-pur.de liegen zur Autorin des Gedichtes „Opfer an Hygiea“ weitere 58 Gedichte vor.

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