Bey Henriettens Grabe von Friederike Brun
1788
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Schlummre sanft im Schooß der Erde, |
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Holdes Mädchen! warm geliebt; |
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Deine schöne Seele werde |
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Nicht durch unsern Gram betrübt! |
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Losgewunden von dem Staube |
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Fleug’ mit schnellem Flug hinauf – |
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Und des Himmels schönste Laube |
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Nehm’, Entschleierte! dich auf. |
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Nur dein lieblich Bild begleite |
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Jedes Mädchen, sanft und gut; |
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Unschuld war dein hehr Geleite, |
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Und der Tugend ernster Muth. |
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Ausgelöscht und eingesunken |
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Ist dies Aug’ und dieser Blick! |
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Neugeboren, wonnetrunken, |
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Schaust du nun nicht mehr zurück! |
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Nein! empor, empor zu schweben, |
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Tief ins Heiligthum hinein, |
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Strebt dein Geist; dein neues Leben |
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Stralt von Kraft und ew’gem Seyn. |
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Ruhe denn im Schooß der Erde, |
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Zarte Hülle! leicht zerstört; |
23 |
Und der Freundschaft Sehnsuchr werde |
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In der Hoffnung Stral verklärt. |
Details zum Gedicht „Bey Henriettens Grabe“
Friederike Brun
6
24
116
1788
Aufklärung,
Empfindsamkeit,
Sturm & Drang
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Bey Henriettens Grabe“ wurde von Friederike Brun verfasst, einer Schriftstellerin, die zwischen dem 18. und 19. Jahrhundert lebte. Erste Auffälligkeit ist der Titel, welcher den Kontext auf ein Trauer- und Verlusterlebnis verweist – die lyrische Verarbeitung des Todes einer Person namens Henriette.
Beim ersten Eindruck fällt die trauernde, jedoch auf eine Art versöhnliche und hoffnungsvolle Stimmung auf. Es scheint, als wolle das lyrische Ich den Tod von Henriette nicht als endgültigen Abschied verstehen, sondern als Übergang in eine andere Sphäre des Daseins.
Inhaltlich geht es im Gedicht vor allem um die Trauer um einen geliebten Menschen und die Hoffnung auf ein Wiedersehen im Jenseits. In den ersten beiden Strophen scheint das lyrische Ich Henriette zu verabschieden und sie auf ihre Reise ins Jenseits zu entsenden. In der dritten Strophe erinnert es sich an Henriettes positiven Eigenschaften, ihre Unschuld und ihren ernsten Mut. In den abschließenden Strophen wird dann die Hoffnung auf ein ewiges Leben und die Wiedervereinigung im Himmel ausgedrückt.
Die Form des Gedichts ist recht klassisch. Jede der sechs Strophen besteht aus vier Versen. Hinsichtlich des Reimschemas kann man einen Kreuzreim identifizieren, welcher in vielen traditionellen lyrischen Formen verwendet wird und hier zur melodischen Qualität des Gedichts beiträgt.
Die Sprache des Gedichts ist geprägt von alten Begriffen und Formulierungen, welche die zeitliche Einordnung des Gedichts untermauert. Bemerkenswert sind auch die sich wiederholenden Segenswünsche („Schlummre sanft“, „Ruhe denn“) und die stetige Motivik des Aufsteigens und der himmlischen Sphäre, was den Inhalt des ewigen Lebens und der Hoffnung auf Wiedervereinigung fokussiert.
Insgesamt zeugt das Gedicht von der tiefen Trauer und dem gleichzeitigen Mut des lyrischen Ichs, den Tod als Übergang in eine andere Existenzform zu betrachten. Es drückt eine Sehnsucht nach Unsterblichkeit und Wiedersehen aus und lässt dabei Raum für eine persönliche Interpretation und Reflektion über den Tod.
Weitere Informationen
Die Autorin des Gedichtes „Bey Henriettens Grabe“ ist Friederike Brun. 1765 wurde Brun in Gräfentonna geboren. 1788 ist das Gedicht entstanden. Der Erscheinungsort ist Zürich. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten der Autorin her lässt sich das Gedicht den Epochen Aufklärung, Empfindsamkeit, Sturm & Drang oder Klassik zuordnen. Die Richtigkeit der Epochen sollte vor Verwendung geprüft werden. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da es keine starren zeitlichen Grenzen bei der Epochenbestimmung gibt, können hierbei Fehler entstehen. Das 116 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 24 Versen mit insgesamt 6 Strophen. Die Dichterin Friederike Brun ist auch die Autorin für Gedichte wie „An Selma Gerstenberg“, „An eine Sängerin“ und „An meine Freundinn Charlotte, Gräfin von Dernath, geborne Bernstorf“. Zur Autorin des Gedichtes „Bey Henriettens Grabe“ haben wir auf abi-pur.de weitere 58 Gedichte veröffentlicht.
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