In Lichterfelde Ost von Klabund

Ich hab’ einmal ein Mädel gehabt
in Lichterfelde Ost.
Das war wie Frau Venus selber begabt.
Sie hat mich mit Lust und Liebe gelabt
in Lichterfelde Ost.
 
Sie hatte das schönste schlankeste Bein
in Lichterfelde Ost.
Und wollt’ ich besonders zärtlich sein,
so schlug ich ihr eins in die Fresse hinein
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in Lichterfelde Ost.
 
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Da kam ein feiner Kavalier
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in Lichterfelde Ost.
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Sie wurde sein Glück, sein Stück, sein Tier,
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sie sank mit ihm und er mit ihr
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in Lichterfelde Ost.
 
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Man brachte sie in das Krankenhaus
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in Lichterfelde Ost.
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Und als sie nach Monaten kam heraus:
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Sie sah wie der Tod von Basel aus
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in Lichterfelde Ost.
 
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Jetzt bietet Papierblumen sie feil – noch knapp
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in Lichterfelde Ost.
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Zuweilen kauf’ ich ihr welche ab.
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Die leg’ ich ihr übers Jahr aufs Grab
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in Lichterfelde Ost.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.5 KB)

Details zum Gedicht „In Lichterfelde Ost“

Autor
Klabund
Anzahl Strophen
5
Anzahl Verse
25
Anzahl Wörter
135
Entstehungsjahr
1927
Epoche
Literatur der Weimarer Republik / Neue Sachlichkeit

Gedicht-Analyse

Das Gedicht mit dem Titel „In Lichterfelde Ost“ wurde vom deutschen Schriftsteller und Lyriker Alfred Henschke, besser bekannt unter seinem Pseudonym Klabund, verfasst. Klabund lebte von 1890 bis 1928, was das Gedicht in den Zeitraum der künstlerischen Strömung des Expressionismus einordnet.

Auf den ersten Blick wirkt das Gedicht erzählend, vermengt mit einigen harten Wahrheiten. Es erhält darüber hinaus einen interessanten, flaumigen Rhythmus und eine gewisse Bildhaftigkeit.

Inhaltlich handelt das Gedicht von der Beziehung des lyrischen Ichs zu einem Mädchen aus Lichterfelde Ost. In der Anfangsphase der Beziehung wird sie sehr positiv dargestellt und als attraktiv und liebevoll beschrieben. Jedoch wird die Beziehung durch Gewalt geprägt, die das lyrische Ich ihr zufügt. Ein wechselnder Partner des Mädchens kommt ins Spiel, welcher sie letztlich in eine unglückliche Lage bringt. Sie wird krank und ihr Zustand lässt vermuten, dass sie sterben könnte. Abschließend verkauft sie Papierblumen, was auf ihre finanzielle Misere hinweist. Das lyrische Ich kauft diese Blumen, plant, sie auf ihr Grab zu legen und offenbart damit seine Schuld und sein Bedauern über ihr Schicksal.

Formal besteht das Gedicht aus fünf Strophen, die jeweils aus fünf Versen bestehen. Die Wiederholung des Satzteils „in Lichterfelde Ost“ gibt dem Gedicht eine rhythmische und strukturelle Konsistenz und hebt die Lokalität hervor. Die Sprache ist einfach und unverschnörkelt aber kraftvoll in ihrer Direktheit und ihrer Fähigkeit, die Geschichte lebendig und verständlich zu erzählen.

Über die einfache Sprache hinaus, verwendet Klabund drastische und sogar vulgäre Ausdrücke, wie zum Beispiel in Vers 9, was das schockierende Element der Gewalt unterstreicht. Der Humor, den der Autor darin verwendet ist sarkastisch, und erzeugt dadurch eine noch größere Abstufung zwischen dem scheinbar idyllischen Anfang und dem schrecklichen Ende.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Klabund durch „In Lichterfelde Ost“ ein ernüchterndes Bild von Gewalt und Leiden in Beziehungen zeichnet, gepaart mit Reue und Trauer über das unschöne Ende des Mädchens, welches sowohl symbolisch als auch wörtlich interpretiert werden kann. Auch geht aus dem Verweis auf den Ort hervor, dass solche Geschichten überall passieren können. Dabei verpackt er seine Botschaft in eine einfache Sprache und eine leicht verständliche Form, setzt aber dennoch wirkungsvolle Akzente durch seinen Gebrauch von Wiederholungen und drastischer Wortwahl.

Weitere Informationen

Klabund ist der Autor des Gedichtes „In Lichterfelde Ost“. 1890 wurde Klabund in Crossen an der Oder geboren. Im Jahr 1927 ist das Gedicht entstanden. Erscheinungsort des Textes ist Berlin. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Literatur der Weimarer Republik / Neue Sachlichkeit kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben zur Epoche bei Verwendung. Die Zuordnung der Epoche ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Das vorliegende Gedicht umfasst 135 Wörter. Es baut sich aus 5 Strophen auf und besteht aus 25 Versen. Weitere Werke des Dichters Klabund sind „Ad notam“, „Akim Akimitsch“ und „Altes Reiterlied“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „In Lichterfelde Ost“ weitere 139 Gedichte vor.

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