Weltseele von Johann Wolfgang von Goethe

Verteilet euch nach allen Regionen
Von diesem heil'gen Schmaus!
Begeistert reißt euch durch die nächsten Zonen
Ins All und füllt es aus!
 
Schon schwebet ihr in ungemeßnen Fernen
Den sel'gen Göttertraum
Und leuchtet neu, gesellig, unter Sternen
Im lichtbesäten Raum.
 
Dann treibt ihr euch, gewaltige Kometen,
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Ins Weit' und Weitr' hinan.
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Das Labyrinth der Sonnen und Planeten
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Durchschneidet eure Bahn.
 
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Ihr greifet rasch nach ungeformten Erden
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Und wirket schöpfrisch jung,
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Daß sie belebt und stets belebter werden,
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Im abgemeßnen Schwung.
 
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Und kreisend führt ihr in bewegten Lüften
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Den wandelbaren Flor
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Und schreibt dem Stein in allen seinen Grüften
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Die festen Formen vor.
 
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Nun alles sich mit göttlichem Erkühnen
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Zu übertreffen strebt;
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Das Wasser will, das unfruchtbare, grünen,
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Und jedes Stäubchen lebt.
 
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Und so verdrängt mit liebevollem Streiten
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Der feuchten Qualme Nacht!
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Nun glühen schon des Paradieses Weiten
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In überbunter Pracht.
 
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Wie regt sich bald, ein holdes Licht zu schauen,
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Gestaltenreiche Schar,
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Und ihr erstaunt auf den beglückten Auen
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Nun als das erste Paar,
 
33 
Und bald verlischt ein unbegrenztes Streben
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Im sel'gen Wechselblick.
35 
Und so empfangt mit Dank das schönste Leben
36 
Vom All ins All zurück.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.5 KB)

Details zum Gedicht „Weltseele“

Anzahl Strophen
9
Anzahl Verse
36
Anzahl Wörter
185
Entstehungsjahr
1749 - 1832
Epoche
Sturm & Drang,
Klassik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Weltseele“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Johann Wolfgang von Goethe. Geboren wurde Goethe im Jahr 1749 in Frankfurt am Main. In der Zeit von 1765 bis 1832 ist das Gedicht entstanden. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text den Epochen Sturm & Drang oder Klassik zugeordnet werden. Goethe ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen.

Der Sturm und Drang ist eine Strömung in der deutschen Literaturgeschichte, die häufig auch als Geniezeit oder Genieperiode bezeichnet wird. Die Epoche ordnet sich nach der Literaturepoche der Empfindsamkeit und vor der Klassik ein. Sie lässt sich auf die Zeit zwischen 1765 und 1790 eingrenzen. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts dominierte der Geist der Aufklärung das philosophische und literarische Denken in Deutschland. Der Sturm und Drang kann als eine Jugend- und Protestbewegung gegen diese aufklärerischen Ideale verstanden werden. Das Auflehnen gegen die Epoche der Aufklärung brachte die wesentlichen Merkmale dieser Epoche hervor. Die Autoren der Epoche des Sturm und Drangs waren häufig unter 30 Jahre alt. In den Dichtungen wurde darauf geachtet eine geeignete Sprache zu finden, um die persönlichen Empfindungen des lyrischen Ichs zum Ausdruck zu bringen. Die traditionellen Werke vorangegangener Epochen wurden geschätzt und dienten als Inspiration. Dennoch wurde eine eigene Jugendsprache und Jugendkultur mit kraftvollen Ausdrücken, Ausrufen, Halbsätzen und Wiederholungen geschaffen. Mit seinen beiden wichtigen Vertretern Schiller und Goethe entwickelte sich der Sturm und Drang weiter und ging in die Weimarer Klassik über.

Johann Wolfgang von Goethe (* 28. August 1749 in Frankfurt am Main; † 22. März 1832 in Weimar) ist einer der bedeutendsten Dichter der Weimarer Klassik. 1786 unternahm Goethe eine Italienreise, diese wird heute als Beginn der Weimarer Klassik angesehen. Das Ende der Epoche ist im Jahr 1832 auszumachen. Literarisches Zentrum und Ausgangspunkt der Weimarer Klassik (kurz auch oftmals einfach nur Klassik genannt) war Weimar. Von zentraler Bedeutung für die Zeit der Weimarer Klassik ist der Begriff Humanität. Menschlichkeit, Toleranz, Schönheit, Selbstbestimmung und Harmonie sind wichtige inhaltliche Merkmale der Weimarer Klassik. Die Weimarer Klassik orientierte sich an klassischen Vorbildern aus der Antike. Ein hohes Sprachniveau ist für die Werke der Weimarer Klassik kennzeichnend. Während man im Sturm und Drang die natürliche Sprache wiedergeben wollte, stößt man in der Weimarer Klassik auf eine reglementierte Sprache. Die bedeutendsten Dichter der Weimarer Klassik sind: Friedrich Schiller, Johann Wolfgang von Goethe, Christoph Martin Wieland und Johann Gottfried von Herder.

Das 185 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 36 Versen mit insgesamt 9 Strophen. Der Dichter Johann Wolfgang von Goethe ist auch der Autor für Gedichte wie „An Belinden“, „An Lida“ und „An den Mond“. Zum Autor des Gedichtes „Weltseele“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 1617 Gedichte vor.

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