Zelebrität von Johann Wolfgang von Goethe

Auf großen und auf kleinen Brucken
Stehn vielgestaltete Nepomuken
Von Erz, von Holz, gemalt, von Stein,
Kolossisch hoch und puppisch klein.
Jeder hat seine Andacht davor,
Weil Nepomuk auf der Brucken das Leben verlor.
 
Ist einer nun mit Kopf und Ohren
Einmal zum Heiligen auserkoren
Oder hat er unter Henkershänden
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Erbärmlich müssen das Leben enden,
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So ist er zur Qualität gelangt,
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Daß er gar weit im Bilde prangt.
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Kupferstich, Holzschnitt tun sich eilen,
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Ihn allen Welten mitzuteilen;
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Und jede Gestalt wird wohl empfangen,
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Tut sie mit seinem Namen prangen:
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Wie es denn auch dem Herren Christ
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Nicht ein Haar besser geworden ist.
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Merkwürdig für die Menschenkinder,
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Halb Heiliger, halb armer Sünder,
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Sehn wir Herrn Werther auch allda
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Prangen in Holzschnitts-Gloria.
 
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Das zeugt erst recht von seinem Werte,
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Daß mit erbärmlicher Gebärde
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Er wird auf jedem Jahrmarkt prangen,
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Wird in Wirtsstuben aufgehangen.
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Jeder kann mit dem Stocke zeigen:
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»Gleich wird die Kugel das Hirn erreichen!«
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Und jeder spricht bei Bier und Brot:
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»Gott sei's gedankt, nicht wir sind tot!«
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (25.1 KB)

Details zum Gedicht „Zelebrität“

Anzahl Strophen
3
Anzahl Verse
30
Anzahl Wörter
168
Entstehungsjahr
1749 - 1832
Epoche
Sturm & Drang,
Klassik

Gedicht-Analyse

Der Autor des Gedichtes „Zelebrität“ ist Johann Wolfgang von Goethe. Goethe wurde im Jahr 1749 in Frankfurt am Main geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1765 und 1832. Eine Zuordnung des Gedichtes zu den Epochen Sturm & Drang oder Klassik kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Bei dem Schriftsteller Goethe handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epochen.

Als Sturm und Drang (auch Genieperiode oder Geniezeit) bezeichnet man eine Epoche der Literatur, die auf die Jahre 1765 bis 1790 datiert werden kann. Sie knüpfte an die Empfindsamkeit an und ging später in die Klassik über. Der Sturm und Drang war eine Protestbewegung, die aus der Aufklärung hervorging. Der Protest richtete sich dabei gegen den Adel und dessen höfische Welt, sowie andere absolutistische Obrigkeiten. Er richtete sich darüber hinaus auch gegen das Bürgertum, das als freudlos und eng galt, und dessen Moralvorstellungen veraltet waren. Als Letztes richtete sich der Protest des Sturm und Drang gegen Traditionen in der Literatur. Die Autoren der Epoche des Sturm und Drangs waren häufig unter 30 Jahre alt. In den Dichtungen wurde darauf geachtet eine geeignete Sprache zu finden, um die persönlichen Empfindungen des lyrischen Ichs zum Ausdruck zu bringen. Es wurde eine eigene Jugendsprache und Jugendkultur mit kraftvollen Ausdrücken, Ausrufen, Halbsätzen und Wiederholungen geschaffen. Die alten Werke vorangegangener Epochen wurden geschätzt und dienten als Inspiration. Schiller, Goethe und die anderen Autoren jener Zeit suchten nach etwas Universalem, was in allen Belangen und für jede Zeit gut sei und entwickelten sich stetig weiter. So ging der Sturm und Drang über in die Weimarer Klassik.

Richtungsweisend für die Literatur der Weimarer Klassik war die Französische Revolution. Menschen setzten sich dafür ein, dass für alle die gleichen Rechte gelten sollten. Der Beginn der Weimarer Klassik ist im Jahr 1786 auszumachen. Die Literaturepoche endete im Jahr 1832 mit dem Tod Johann Wolfgang von Goethes. Die Weimarer Klassik wird häufig nur als Klassik bezeichnet. Beide Bezeichnungen werden in der Literatur genutzt. Die Klassik orientiert sich an klassischen Vorbildern aus der Antike. Sie strebt nach Harmonie ganz im Gegensatz zur Epoche der Aufklärung und des Sturm und Drangs. In der Klassik wird eine sehr einheitliche, geordnete Sprache verwendet. Allgemeingültige, kurze Aussagen (Sentenzen) sind oftmals in Werken der Klassik zu finden. Da man die Menschen früher mit der Kunst und somit auch mit der Literatur erziehen wollte, setzte man großen Wert auf formale Ordnung und Stabilität. Metrische Ausnahmen befinden sich immer wieder an Stellen, die hervorgehoben werden sollen. Die wichtigsten Schriftsteller der Klassik sind Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller. Andere bekannte Schriftsteller der Klassik sind Christoph Martin Wieland und Johann Gottfried Herder. Die beiden letztgenannten arbeiteten jeweils für sich. Einen produktiven Austausch im Sinne eines gemeinsamen Arbeitsverhältnisses gab es nur zwischen Schiller und Goethe.

Das vorliegende Gedicht umfasst 168 Wörter. Es baut sich aus 3 Strophen auf und besteht aus 30 Versen. Die Gedichte „An den Schlaf“, „An den Selbstherscher“ und „An die Entfernte“ sind weitere Werke des Autors Johann Wolfgang von Goethe. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Zelebrität“ weitere 1617 Gedichte vor.

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