Der Turmsteiger von Paul Boldt
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Er fühlte plötzlich, daß es nach ihm griff, |
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— Die Erde war es und der Himmel oben, |
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An dem die Dohlen hingen und die Winde hoben — |
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Und fühlte, wie es ihn nun auch umpfiff. |
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Ihn schauderte. Er sah das Meer, er sah ein Schiff, |
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Das gelbe Wellen schaukelten und schoben |
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Und sah die Wellen, Wellen — Wellen woben |
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An seinem unvollendeten Begriff. |
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Ein Wasserspeier sprang ihn an und bellte. |
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Er zitterte und faßte die Fiale, |
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Die knarrend brach; — versteinert aber schnellte |
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Ein Teufel Witze auf die Kathedrale; — |
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Er hörte hin — ein höllisches Finale: |
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Er stürzte, fiel! Sein Schrei trieb hoch und gellte. |
Details zum Gedicht „Der Turmsteiger“
Paul Boldt
4
14
100
1914
Moderne,
Expressionismus
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Der Turmsteiger“ wurde von Paul Boldt verfasst, einem deutschen Dichter, der von 1885 bis 1921 lebte. Er gilt als ein Vertreter des Expressionismus, einer künstlerischen und literarischen Bewegung, die Anfang des 20. Jahrhunderts in Deutschland stark verbreitet war.
Die Anfangsverse erzeugen ein Gefühl der Unsicherheit und Bedrohung, das durch die Vorstellung von unkontrollierbaren Kräften wie Erde und Himmel unterstrichen wird. Das lyrische Ich erfährt eine Art transzendenter Bewusstseinerweiterung und fühlt sich von diesen elementaren Kräften ergriffen und umzingelt.
In der zweiten Strophe wird das Bild des Meeres und eines Schiffes eingeführt. Die Wiederholung des Wortes „Wellen“ betont die unruhige, sich ständig verändernde Natur dieser Umgebung. Der unvollendete Begriff könnte auf das Unverständnis oder die Unfähigkeit, die sich entfaltende Situation vollständig zu verstehen, hinweisen.
Die dritte und vierte Strophe führen das Bild eines Wasserspeiers und eines Teufels ein, die typische Merkmale gotischer Architektur und Symbolik sind. Das lyrische Ich scheint von den steinernen Figuren angegriffen und taumelt, bis es schließlich vom Turm fällt.
Was die Form betrifft, wechselt das Gedicht zwischen vier und drei Versen pro Strophe, was to einen unruhigen, unvorhersehbaren Rhythmus erzeugt. Boldts Sprache ist reich an bildhaften Ausdrücken und gibt der Leserschaft einen lebendigen Eindruck von der ungeheuren und überwältigenden Natur der Erfahrung des lyrischen Ichs. Im Allgemeinen beschreibt dieses Gedicht den verzweifelten Kampf des lyrischen Ichs mit den elementaren Kräften der Existenz und das unvermeidliche Scheitern dieses Kampfes. Die Intensität und Direktheit des Ausdrucks ist typisch für die expressionistische Literatur, die darauf abzielt, starke emotionale Reaktionen zu erzeugen.
Weitere Informationen
Paul Boldt ist der Autor des Gedichtes „Der Turmsteiger“. Boldt wurde im Jahr 1885 in Christfelde bei Preußisch-Friedland (Westpreußen) geboren. Das Gedicht ist im Jahr 1914 entstanden. Erscheinungsort des Textes ist Leipzig. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zu den Epochen Moderne oder Expressionismus zu. Prüfe bitte vor Verwendung die Angaben zur Epoche auf Richtigkeit. Die Zuordnung der Epochen ist auf zeitlicher Ebene geschehen. Da sich Literaturepochen zeitlich überschneiden, ist eine reine zeitliche Zuordnung häufig mit Fehlern behaftet. Das Gedicht besteht aus 14 Versen mit insgesamt 4 Strophen und umfasst dabei 100 Worte. Die Gedichte „Der Schnellzug“, „Die Dirne“ und „Die Liebesfrau“ sind weitere Werke des Autors Paul Boldt. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Der Turmsteiger“ weitere 49 Gedichte vor.
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