Der Denker von Paul Boldt

Nachmittag wird, und Wetter steigen schwarz
Herauf. Des Blitzes Ferse leuchtet im
Gewölk. Auf das Gebirge beißt voll Grimm
Der Donner, und Regen speien aus den Quarz.
 
Den Fuß den Felsgesteinen eingestemmt,
Die Augen abgewandt, als horche er,
So kommt er durch die Schründe, weglos, quer.
Zum weißen Urherrn in der Blitze Hemd.
 
Der Abgrund saugt Milliarden Zentner Himmel
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In sich hinein. Der Weiße oben bleckt,
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Zu dem er steigt. Durch Gletscher grün von Schimmel,
 
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Des Riesen Bart, der von den Föhnen leckt.
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Und schon reißt weit der Horizont entzwei, —
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Blank, eben, schwangleich rauscht ins All ein Schrei.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.1 KB)

Details zum Gedicht „Der Denker“

Autor
Paul Boldt
Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
14
Anzahl Wörter
98
Entstehungsjahr
1914
Epoche
Moderne,
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Der Autor des Gedichts heißt Paul Boldt. Er wurde am 31. Dezember 1885 geboren und starb am 16. März 1921. Er gehört damit zur Epoche des Expressionismus, der von etwa 1905 bis 1925 andauerte.

Beim ersten Durchlesen entsteht der Eindruck, dass dem Gedicht eine düstere, schwerwiegende Stimmung innewohnt. Die Wortwahl ist metaphorisch und symbolgeladen, dabei liegt ein Fokus auf Naturschilderungen.

Inhaltlich stellt das Gedicht mutmaßlich einen einsam wandernden Denker in einem stark mystifizierten natürlichen Umfeld dar. Es entsteht eine Szenerie mit dramatischem Wetter, das als unheilvoll und gewaltsam dargestellt wird. In der zweiten Strophe erfährt man vom Auftreten einer Figur, die sich durch dieses unwirtliche Umfeld hindurch kämpft. Sie wird als abgewandt, lauschend beschrieben und scheint auf eine höhere Macht oder eine göttliche Figur zuzugehen, die hier als „weißer Urherr“ in einem Blitzhemd dargestellt ist. Es entsteht der Eindruck, dass der „Denker“ eine Art spirituellen oder intellektuellen Aufstieg durchläuft. In den letzten beiden Strophen wird die Szenerie noch dramatischer und gewaltiger, es wird geschildert, wie der Himmel in einem Abgrund verschwindet und der weiße Urherr drohend auftaucht. Das Gedicht endet mit einem Schrei, der offen lässt, ob er triumphierend oder verzweifelnd ist.

Das lyrische Ich scheint den Kampf und gleichzeitig die Erhabenheit des Denkers darstellen zu wollen, der sich durch Chaos und Gewalt zur Erkenntnis hinaufkämpft, symbolisiert durch den weißen Urherrn. Die Aussage könnte sein, dass der Weg zur Erkenntnis oder Wahrheit ein schwieriger und mühsamer ist, voller Hindernisse und Gefahren.

Formal besteht das Gedicht aus vier Strophen, die aus je vier bzw. drei Versen bestehen. Das Reimschema ist frei, was typisch für den Expressionismus ist. Die Sprache ist bildreich, mit vielen starken Metaphern und Symbolen, und präsentiert eine detaillierte, lebendige und stark emotionalisierte Schilderung der Natur. Der Rhythmus ist eher unregelmäßig und unterstreicht damit das chaotische, ungezähmte Element der Natur und den Kampf des Denkers. Die Wortwahl und Satzstruktur ist komplex, teils altertümlich („Urherrn“), was auf ein hohes Bildungsniveau und literarische Ambition des Autors hinweist.

Insgesamt ist das Gedicht sehr sinnlich und emotional, mit einer intensiven Sprache und einer starken, symbolträchtigen Bildersprache, die den Kampf und die Erhabenheit des Denkens dramatisch darstellt. Es ist ein typisches expressionistisches Gedicht mit seiner emotionalen, dramatischen Sicht auf die Welt.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Der Denker“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Paul Boldt. Geboren wurde Boldt im Jahr 1885 in Christfelde bei Preußisch-Friedland (Westpreußen). Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1914. Der Erscheinungsort ist Leipzig. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zu den Epochen Moderne oder Expressionismus zu. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Basis geschehen. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben bei Verwendung. Das vorliegende Gedicht umfasst 98 Wörter. Es baut sich aus 4 Strophen auf und besteht aus 14 Versen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Paul Boldt sind „Andere Jüdin“, „Berlin“ und „Berliner Abend“. Zum Autor des Gedichtes „Der Denker“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 49 Gedichte vor.

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