Der Dämon des Sokrates von Ernst Moritz Arndt

Sokrates, der große Geisteskämpfer,
Hatte einen Flüstrer und Erreger,
Einen Weiser, Leiter, Halter, Dämpfer
Und auch Diener und Laternenträger,
Wo es galt durch Finsternis zu wanken.
Dieser Ohrenflüstrer, Haucher, Lauscher,
Aller seiner Triebe und Gedanken
Kluger Mitdurchsprecher, Gegentauscher
Galt ihm, wie uns andern das Gewissen;
10 
Dämon schalt er ihn und all sein Wissen,
11 
All sein Ahnen, Lieben, Denken, Wollen
12 
Wie in uns auch Geisterchen sich rollen
13 
Schob er diesem Führer zu und Folger.
 
14 
Ach! ruft jeder, lebt noch wo ein solcher?
15 
Sind sie denn erloschen, jene Sterne,
16 
Woher solche Folger Menschen kamen?
17 
O ihr Gaffer, Greifer in die Ferne!
18 
Könnt ihr des Begleiters kurzen Namen,
19 
Jenes weisen, gottgeweihten Griechen,
20 
Euch in gutes Deutsch nicht übersetzen?
21 
Müsset durch den Hochmut doppelt siechen?
22 
Drum herunter von den hohen Stufen!
23 
Auf die Bank der Schüler mit der Fibel!
24 
Dort wird auch der Kleinste lachend rufen:
25 
Das war ja der Engel aus der Bibel.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.9 KB)

Details zum Gedicht „Der Dämon des Sokrates“

Anzahl Strophen
2
Anzahl Verse
25
Anzahl Wörter
150
Entstehungsjahr
1856
Epoche
Realismus

Gedicht-Analyse

Der Autor des Gedichts ist Ernst Moritz Arndt (1769-1860), ein deutscher Schriftsteller, Historiker und in der Frühphase der Befreiungskriege gegen Napoleon politisch aktiver Freiheitskämpfer. Er gilt als einer der bedeutendsten Lyriker der deutschen Frühromantik und seine Werke zählen zur Biedermeierzeit.

Auf den ersten Blick hinterlässt das Gedicht eine geheimnisvolle und gleichzeitig aufklärerische Stimmung. Der Titel „Der Dämon des Sokrates“ lässt vermuten, dass die Gedanken des Philosophen Sokrates und der Einfluss seines Dämons im Fokus des Gedichts stehen.

Inhaltlich scheint das lyrische Ich die Beziehung zwischen Sokrates und seiner inneren Stimme, die er als Dämon bezeichnete, zu beschreiben und zu reflektieren. Es wird angedeutet, dass dieser Dämon seine Gedanken und Triebe lenkt und formt und eine entscheidende Rolle in seinem philosophischen Denken und Handeln spielt. Im zweiten Teil des Gedichts vergleicht das lyrische Ich den Dämon von Sokrates mit einem Engel und macht damit deutlich, dass diese innere Stimme etwas Positives, Erleuchtendes sein kann. Es endet mit einer Aufforderung an seine Leser, sich von ihrem Hochmut zu befreien und diese Wahrheit mit Bescheidenheit und einem offenen Geist zu akzeptieren.

Die Form des Gedichts ist in zwei Strophen aufgeteilt, die sich in der Anzahl der Verse unterscheiden. Die Sprache ist reich an Metaphern und bildhaften Beschreibungen, um die Beziehung zwischen Sokrates und seinem Dämon zu verdeutlichen. Zudem verwendet Arndt einen anspruchsvollen Wortschatz und grammatische Strukturen, die das Gedicht sowohl anspruchsvoll als auch ansprechend machen. Die vielen rhetorischen Fragen und die direkte Anrede des Lesers in der zweiten Strophe schaffen eine Dialogatmosphäre und laden zum Nachdenken und Reflektieren ein.

Zusammengefasst kann man sagen, dass Arndt in diesem Gedicht die Bedeutung von innerer Reflexion und Selbsterkenntnis hervorhebt und aufzeigt, wie diese Konzepte das individuelle Denken und Handeln prägen können.

Weitere Informationen

Ernst Moritz Arndt ist der Autor des Gedichtes „Der Dämon des Sokrates“. Geboren wurde Arndt im Jahr 1769 in Groß Schoritz (Rügen). Im Jahr 1856 ist das Gedicht entstanden. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Realismus zu. Die Richtigkeit der Epoche sollte vor Verwendung geprüft werden. Die Zuordnung der Epoche ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da es keine starren zeitlichen Grenzen bei der Epochenbestimmung gibt, können hierbei Fehler entstehen. Das Gedicht besteht aus 25 Versen mit insgesamt 2 Strophen und umfasst dabei 150 Worte. Weitere bekannte Gedichte des Autors Ernst Moritz Arndt sind „Der Weihnachtsbaum“, „Klage um Auerswald und Lichnowsky“ und „Das Glück, das glatt“. Zum Autor des Gedichtes „Der Dämon des Sokrates“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 285 Gedichte vor.

+ Wie analysiere ich ein Gedicht?

Daten werden aufbereitet

Weitere Gedichte des Autors Ernst Moritz Arndt (Infos zum Autor)

Zum Autor Ernst Moritz Arndt sind auf abi-pur.de 285 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.