Die Biene und der Lenz von Ernst Moritz Arndt

Ziehst du dein goldnes Röckchen an?
Die goldnen Stiefeln auch?
O Bienchen, Vöglein wohlgemut
Mit leichtem Sinn und leichtem Blut,
Was locket dich das Sonnenlicht?
Was lockt dich Blütenhauch?
 
Was summst du lustig hin und her,
Hast nie des Spiels genug?
Der Lenz ist kurz, du süßes Kind,
10 
Dich faßt der Strom, dich nimmt der Wind,
11 
Dich bringet um den Blütenraub
12 
Der Menschen List und Trug.
 
13 
Wohl zieh ich an den goldnen Rock
14 
Und kleid' in Gold den Fuß,
15 
Leicht ist mein Blut und leicht mein Sinn,
16 
In Freuden ich geboren bin;
17 
Drum locket mich das Sonnenlicht
18 
Und Blumenliebesgruß.
 
19 
Der Lenz ist kurz, das Leben schnell,
20 
Drum flieg' ich schnell dahin;
21 
Mein Frühlingsschein, mein Blumenreich,
22 
In jedem Kelch mein Bettchen weich,
23 
Auf jeder Flur mein Leben bunt
24 
Drob trag' ich frohen Sinn.
 
25 
O Bienchen, Vöglein wohlgemut,
26 
O süßes Frühlingskind!
27 
Horch', horch', wie klagt die Nachtigall
28 
Im Erlenbusch mit Trauerschall!
29 
Auch sie im Lenz geboren ist,
30 
Doch nur auf Trauern sinnt.
 
31 
Wohl höre ich die Nachtigall,
32 
Ihr Klagen fromm und still;
33 
Sie ist die schmerzenreiche Frau,
34 
Ihr Trauerkleid ist dunkelgrau;
35 
Doch sprich, warum ich trauern soll,
36 
Weil sie nicht froh sein will?
 
37 
Schau' her, wie bebet Strauch und Laub
38 
Im jungen Sonnenschein!
39 
Wie küssen sich die Blumen lieb!
40 
Und rufen: Kleiner Honigdieb,
41 
Komm, sammle Blumenliebeskost!
42 
Denn dieser Lenz ist dein.
 
43 
O Vöglein, Vöglein wohlgemut,
44 
Mit goldnem Flügelpaar!
45 
O leichtes Leben frommer Brust!
46 
Zieh mich zum Lenz, zu seiner Lust,
47 
Und mache mir mit Liebesglanz
48 
Die trüben Augen klar.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (27.2 KB)

Details zum Gedicht „Die Biene und der Lenz“

Anzahl Strophen
8
Anzahl Verse
48
Anzahl Wörter
247
Entstehungsjahr
1805
Epoche
Klassik,
Romantik

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht „Die Biene und der Lenz“ wurde von Ernst Moritz Arndt geschrieben, der von 1769 bis 1860 lebte. Da er im 18. und 19. Jahrhundert tätig war, lässt sich das Gedicht der Epoche der Romantik zuordnen, was auch der Naturverbundenheit und Emotionalität des Gedichts entspricht.

Beim ersten Lesen des Gedichts fällt die süße und lebensbejahende Atmosphäre auf. Es scheint von der Freude und der Schönheit der Natur und des Lebens im Allgemeinen zu erzählen.

Inhaltlich geht es in dem Gedicht um eine Biene, die vom Frühling und der wachsenden Natur angelockt wird. Das lyrische Ich spricht direkt die Biene an und scheint zu ihr eine empathische Beziehung aufzubauen. Es hebt die Vergänglichkeit der Jahreszeiten und des Lebens im Allgemeinen hervor, zugleich aber auch die Schönheit und den Reichtum, die es gibt. Dabei gibt das lyrische Ich der Biene eine Stimme und gewährt dadurch Einblick in deren Gedanken und Gefühle. Sie erkennt die Vergänglichkeit, sie versteht aber auch, den Moment zu genießen und die Freude zu schätzen.

„Die Biene und der Lenz“ besteht aus acht Strophen mit je sechs Versen. Die Strophen sind alle gleich aufgebaut. Die Sprache ist einfach und klar, dabei aber auch poetisch und bildhaft. Der Gebrauch von Metaphern wie „das Sonnenlicht“, „der Lenz“ und „Hochzeitskleid“ trägt zur Ausdruckskraft des Gedichts bei.

Die Form entspricht der des lyrischen Dialogs - die ersten zwei Strophen stellen Fragen an die Biene, dann antwortet die Biene mit drei Strophen, gefolgt von dem lyrischen Ich, das die letzten drei Strophen formuliert. Auf diese Weise wird ein Gefühl von Interaktion und dynamischer Kommunikation vermittelt, das den Leser in das Gedicht einbezieht.

Insgesamt vermittelt das Gedicht eine Lebensphilosophie, die die Würdigung des Augenblicks und der Freuden des Lebens trotz seiner Vergänglichkeit betont. Es offenbart eine tiefe Verbundenheit mit der Natur und zeigt, wie diese als Quelle der Freude und Inspiration dienen kann. Die Biene fungiert hierbei als Symbol für jene Lebensfreude und Beständigkeit in der Vergänglichkeit.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Die Biene und der Lenz“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Ernst Moritz Arndt. Der Autor Ernst Moritz Arndt wurde 1769 in Groß Schoritz (Rügen) geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes geht auf das Jahr 1805 zurück. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text den Epochen Klassik oder Romantik zugeordnet werden. Vor Verwendung der Angaben zur Epoche prüfe bitte die Richtigkeit. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen und daher anfällig für Fehler. Das vorliegende Gedicht umfasst 247 Wörter. Es baut sich aus 8 Strophen auf und besteht aus 48 Versen. Weitere Werke des Dichters Ernst Moritz Arndt sind „Leben“, „Melittion“ und „Das Los des Schönen“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Die Biene und der Lenz“ weitere 285 Gedichte vor.

+ Wie analysiere ich ein Gedicht?

Daten werden aufbereitet

Weitere Gedichte des Autors Ernst Moritz Arndt (Infos zum Autor)

Zum Autor Ernst Moritz Arndt sind auf abi-pur.de 285 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.