Der Frühlingsregen am Genfersee von Friederike Brun

Düstrer Wolkenzug , o schwebe näher,
Walle still am Jura dort hinab;
Und der Landmann , treuer Wetterspäher,
Juble: Segen träufelt uns herab!
 
Seht des schönen Sees Bett verdunkelt,
Wo die Möve dort ins Wasser streift;
Des Saleve Scheitel heiß umfunkelt;
Jenes Huhn, das unters Obdach läuft.
 
Graue Schatten wandeln, schweben, tauchen
10 
Schnell das Thal in trübe Dämmrung ein;
11 
Kräuterknospen öffnen sich, und hauchen
12 
Süßern Duft als Zeilons Spezerein.
 
13 
Regen triefelt freundlich und gelinde
14 
Jetzt auf Hügel, Acker, Wies’ und Feld;
15 
Und der Vögelchor im Frühlingswinde
16 
Tönt im Busch, vom Zitterglanz erhellt.
 
17 
Auf der Dole schwimmt ein Meer von Strahlen;
18 
Purpur färbt das öde Felsenschloß;
19 
Rosenschimmer, die den Mole mahlen,
20 
Sinken auf des Sees Spiegelschooß.
 
21 
Erd’ und Himmel, Fels und Thal und Hügel,
22 
Glänzt in reiner Farbenharmonie;
23 
Die Gewässer und der Winde Flügel
24 
Rauschen drein in hoher Melodie.
 
25 
Schalle dann: Laut durch die Weltentöne,
26 
Edler Chor, den unser Freund erschuf;
27 
Und der Menschenstimme Zauber kröne
28 
Der Natur vereinten Freudenruf.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.1 KB)

Details zum Gedicht „Der Frühlingsregen am Genfersee“

Anzahl Strophen
7
Anzahl Verse
28
Anzahl Wörter
157
Entstehungsjahr
1795
Epoche
Klassik

Gedicht-Analyse

Das vorgestellte Gedicht „Der Frühlingsregen am Genfersee“ ist von der Dichterin Friederike Brun, die von 1765 bis 1835 lebte. Somit wurde das Gedicht vermutlich im späten 18. oder frühen 19. Jahrhundert verfasst, in einer Zeit, die als Übergang von der Aufklärung zur Romantik gesehen wird.

Schon beim ersten Lesen fällt die melodische und tiefe Beschreibung der Natur auf. Die Dichterin malt mit Worten eine Szene, die direkt am Genfersee spielt, wobei sie sehr detailreich die Umgebung, die Flora und Fauna, sowie die sich verändernde Atmosphäre durch den einsetzenden Regen beschreibt.

Das lyrische Ich ruft in der ersten Strophe die düsteren Wolken herbei und freut sich auf den kommenden Regen, da dieser Segen für die Natur bedeutet. In der zweiten Strophe werden die direkten Auswirkungen des Wetters auf den See, die Vögel und die Umgebung beschrieben. Die dritte und vierte Strophe thematisieren die Veränderungen in der Natur durch den Regen: die Düfte der Pflanzen werden intensiver, die Vögel singen im Frühlingswind. In den letzten drei Strophen wird das Farbspiel durch den Regen und die sich daraus ergebende Harmonie geschildert. Letztlich gipfelt die Szenerie in einem großen Chor von natürlichen und menschlichen Stimmen.

Formal besteht das Gedicht aus sieben vierzeiligen Strophen mit einem einheitlichen Reimschema, das den Fluss der Verse unterstützt und einen angenehmen Rhythmus schafft. Die Sprache ist äußerst bildhaft und malerisch, aber gleichzeitig präzise und detailliert. Es wird eine Atmosphäre der Harmonie und des Einklangs mit der Natur geschaffen, die typisch für die Romantik ist.

Insgesamt verdeutlicht das Gedicht die intensive Wahrnehmung und Wertschätzung der Natur, ihre Schönheit und ihre sich verändernden Zustände durch die Dichterin. Es hat den Anschein, dass Friederike Brun durch ihre Wortwahl und ihre detaillierte Beschreibung den Lesern einen sehr genauen Eindruck von der Szenerie vermitteln wollte, als wollte sie sie dazu bringen, die gleiche Ehrfurcht und Bewunderung für die Natur zu empfinden. Es ist ein Gedicht, das zum Nachdenken und zur Wertschätzung der natürlichen Welt einlädt.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Der Frühlingsregen am Genfersee“ stammt aus der Feder der Autorin bzw. Lyrikerin Friederike Brun. Im Jahr 1765 wurde Brun in Gräfentonna geboren. 1795 ist das Gedicht entstanden. Der Erscheinungsort ist Zürich. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten der Autorin her der Epoche Klassik zuordnen. Die Zuordnung der Epoche ist ausschließlich auf zeitlicher Basis geschehen. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben bei Verwendung. Das vorliegende Gedicht umfasst 157 Wörter. Es baut sich aus 7 Strophen auf und besteht aus 28 Versen. Weitere bekannte Gedichte der Autorin Friederike Brun sind „An meinen Mann auf der Reise“, „Bey Henriettens Grabe“ und „Bey Münters Grabe“. Zur Autorin des Gedichtes „Der Frühlingsregen am Genfersee“ haben wir auf abi-pur.de weitere 58 Gedichte veröffentlicht.

+ Wie analysiere ich ein Gedicht?

Daten werden aufbereitet

Weitere Gedichte des Autors Friederike Brun (Infos zum Autor)

Zum Autor Friederike Brun sind auf abi-pur.de 58 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.