Rückblick von Detlev von Liliencron
1 |
Eh mir aus der Scheide schoß |
2 |
Blitz und blank der Degen, |
3 |
Ließ noch einmal Mann und Roß |
4 |
Kurzer Rast ich pflegen. |
|
|
5 |
Und die Hand als Augenschild, |
6 |
Meine Lider sanken, |
7 |
Rasch vorbei, ein wechselnd Bild, |
8 |
Flogen die Gedanken. |
|
|
9 |
Kinderland, du Zauberland, |
10 |
Haus und Hof und Hecken. |
11 |
Hinter blauer Wälderwand |
12 |
Spielt die Welt Verstecken. |
|
|
13 |
Weiter nun in bunten Reihn |
14 |
Zog mein wüstes Leben. |
15 |
Wenig Taten, vieler Schein, |
16 |
Windige Spinneweben. |
|
|
17 |
Würfel, Weiber, Wein, Gesang, |
18 |
Jugendrasche Quelle, |
19 |
Und im wilden Wogendrang |
20 |
Schwamm ich mit der Welle ... |
|
|
21 |
Doch Dragoner glänzen hell |
22 |
Dort an jenem Hügel. |
23 |
An die Pferde! Fertig! Schnell |
24 |
Klebt der Sporn am Bügel. |
|
|
25 |
Zügel fest, Fanfarenruf, |
26 |
Donnernd schwappt der Rasen. |
27 |
Bald sind wir mit flüchtigem Huf |
28 |
An den Feind geblasen. |
|
|
29 |
Anprall, Fluch und Stoß und Hieb, |
30 |
Kann den Arm nicht sparen, |
31 |
Wo mir Helm und Handschuh blieb, |
32 |
Hab' ich nicht erfahren. |
|
|
33 |
Sattelleere, Sturz und Staub, |
34 |
Klingenkreuz und Scharten. |
35 |
Trunken schwenkt die Faust den Raub |
36 |
Flatternd der Standarten. |
|
|
37 |
Täuschend gleicht des Feindes Flucht |
38 |
Tollgehetzten Hammeln. |
39 |
Freudig ruft in Wald und Schlucht |
40 |
Mein Signal zum Sammeln. |
|
|
41 |
Schweiß und Blut an Stirn und Schwert, |
42 |
Laß es tropfen, tropfen. |
43 |
Dankbar muß ich meinem Pferd |
44 |
Hals und Mähne klopfen. |
|
|
45 |
Nächtens dann beim Feuerschein, |
46 |
Nach des Kampfes Mühe, |
47 |
Fielen mir Gedanken ein |
48 |
Aus des Tages Frühe. |
|
|
49 |
Schwamm ich viele Jahre lang |
50 |
Steuerlos im Leben, |
51 |
Hat mir heut der scharfe Gang |
52 |
Wink und Ziel gegeben. |
Details zum Gedicht „Rückblick“
Detlev von Liliencron
13
52
225
1844 - 1909
Naturalismus
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Rückblick“ stammt von Detlev von Liliencron, einem deutschen Dichter des späten neunzehnten Jahrhunderts und zählt damit zu dem Zeitalter des Realismus und Naturalismus.
Der erste Eindruck beim Lesen des Gedichts ist der einer Reise oder Rekapitulation von Ereignissen. Es scheint, als ob der Autor einen Rückblick auf sein Leben und seine Erfahrungen gibt, insbesondere auf seine Vergangenheit als Soldat.
Inhaltlich beschreibt das lyrische Ich zunächst, wie es kurz vor dem Kampf Rast einlegt und sich seine Gedanken rückwärts bewegen, von der Kindheit („Kinderland, du Zauberland“) über ein „wüstes“ Leben voller Abenteuer und Ausschweifungen („Würfel, Weiber, Wein, Gesang“) bis hin zum gegenwärtigen Moment des kriegerischen Geschehens („Doch Dragoner glänzen hell“). Dieser Rückblick führt das lyrische Ich zur Erkenntnis, dass dieses chaotische und ziellose Leben nun einer klaren Aufgabe und Bestimmung gewichen ist - dem Kampf.
In Bezug auf Form und Sprache ist „Rückblick“ ein reimloses Gedicht, das rhythmisch gelesen werden kann. Jeder der 52 Verse besteht aus vier Zeilen, wobei die Anzahl der Silben pro Zeile variiert. Die Sprache ist reich an Metaphern, wie zum Beispiel die Beschreibung des Lebens als „wogendes“ Meer, auf dem das lyrische Ich „schwimmt“. Der Dichter gebraucht insbesondere die Bilder des Kampfes und des Krieges, um eine lebendige und machtvolle Atmosphäre zu schaffen.
Zusammengefasst handelt es sich bei „Rückblick“ um eine Reflexion über das Leben - sowohl in Bezug auf seine Vergangenheit als auch auf seine Gegenwart. Dabei ist die Darstellung des kriegerischen Handelns gleichzeitig Metapher für inneren Kampf und äußere Herausforderungen. Die sich wandelnde Perspektive des lyrischen Ichs verheißt eine Entwicklung von ziellosem Driften zu bewusstem Handeln und letztlich zu Erkenntnis und Reifung.
Weitere Informationen
Das Gedicht „Rückblick“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Detlev von Liliencron. 1844 wurde Liliencron in Kiel geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1860 und 1909. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Naturalismus zu. Bei Liliencron handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das 225 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 52 Versen mit insgesamt 13 Strophen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Detlev von Liliencron sind „Weihnachtslied“, „Schöne Junitage“ und „Herbst“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Rückblick“ weitere 63 Gedichte vor.
+ Mehr Informationen zum Autor / Gedicht einblenden.
+ Wie analysiere ich ein Gedicht?
Fertige Biographien und Interpretationen, Analysen oder Zusammenfassungen zu Werken des Autors Detlev von Liliencron
Wir haben in unserem Hausaufgaben- und Referate-Archiv weitere Informationen zu Detlev von Liliencron und seinem Gedicht „Rückblick“ zusammengestellt. Diese Dokumente könnten Dich interessieren.
Weitere Gedichte des Autors Detlev von Liliencron (Infos zum Autor)
- Pidder Lüng
- Trutz, Blanke Hans
- Weihnachtslied
- Schöne Junitage
- Herbst
- Dorfkirche im Sommer
- Der Blitzzug
- König Regnar Codbrog
- Die Musik kommt
- Er liebte schneidig Schön Thora
Zum Autor Detlev von Liliencron sind auf abi-pur.de 63 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
Freie Ausbildungsplätze in Deiner Region
besuche unsere Stellenbörse und finde mit uns Deinen Ausbildungsplatz
erfahre mehr und bewirb Dich direkt