Gestorbene Liebe von Detlev von Liliencron

In nackter Wüste ruht ein Löwenpaar,
Das gelbe Fell vom gelben Sand abhebend.
Im Schlafe dehnen sich die trägen Glieder.
Erwachend, leckt bedächtig eins das andre,
Und streckt und reckt sich, gähnt, und schläft von neuem.
 
Ein zweiter Leuenherr zeigt sich in Fernen.
Er nähert sich, er stockt, als die Genossen
Er unbekümmert vor sich liegen sieht.
Nun peitscht sein Schweif, nach Katzenart, die Erde,
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Er reißt den Rachen auf wie eine Torfahrt,
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Und Donner rollt ihm aus dem heißen Schlunde.
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Er kauert sich, und knurrt, und äugt hinüber.
 
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Schwerfällig wird das Ehepärchen munter,
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Schwerfällig kommt es endlich auf die Beine.
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Der zweite Nobel holt zum Sprunge aus,
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Und springt, und springt dem Weibchen an die Seite.
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Das Weibchen dann trabt mit dem Seladon
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Gemütlich einem Felsendache zu.
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Das Männchen stutzt, will brüllen, schweigt,
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Und legt sich wieder nieder: Lat ehr lopen.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.6 KB)

Details zum Gedicht „Gestorbene Liebe“

Anzahl Strophen
3
Anzahl Verse
20
Anzahl Wörter
142
Entstehungsjahr
1844 - 1909
Epoche
Naturalismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Gestorbene Liebe“ wurde von Detlev von Liliencron verfasst, einem deutschen Dichter und Schriftsteller, der in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts lebte. Das Gedicht entstand also in einer Zeit, in der sich die Literatur von der strengen Form der Klassik löste und in die Ära des Realismus und Naturalismus überging.

Auf den ersten Blick könnte das Gedicht als bloße Beschreibung eines Szenarios in der Wildnis gedeutet werden, doch nach genauerer Betrachtung erkennen wir eine tieferliegende Aussage. Es handelt von einem Löwenpaar, welches in der Wüste ruht. Ein zweiter männlicher Löwe nähert sich und versucht, das Weibchen für sich zu gewinnen, was ihm auch gelingt. Der ursprüngliche Partner bleibt schließlich alleine zurück.

Im Kontext des Gedichttitels „Gestorbene Liebe“ lässt sich dies als Metapher für eine zerbrochene Beziehung interpretieren, wobei der Autor animalische Instinkte und die Rohheit der Natur nutzt, um menschliche Emotionen und Situationen abzubilden.

Das lyrische Ich möchte offenbar den Schmerz und das Leid einer zurückgelassenen Person in einer zerbrochenen Beziehung darstellen. Es bringt die Verlassenheit und das Gefühl des Verlusts zum Ausdruck.

In Bezug auf die Form des Gedichts, ist es in drei Strophen mit unregelmäßiger Versanzahl unterteilt. Diese lockere Struktur könnte die Unberechenbarkeit und Instabilität in der Tierwelt und, metaphorisch, in der menschlichen Liebe repräsentieren.

Die Sprache des Gedichts ist eher einfach gehalten, was den natürlichen Kontext und die ungeschönte Realität des Themas zusätzlich unterstreicht. Die konkreten und sinnlichen Beschreibungen der Löwen und ihrer Handlungen tragen zur lebendigen Darstellung bei und ermöglichen es dem Leser, die Szene deutlich vor Augen zu führen.

Der Sprachgebrauch und die Metaphorik des Gedichts erzeugen gewissermaßen eine atmosphärische Distanz zwischen dem Geschehen und dem Leser – denn obwohl wir uns in die Perspektive des verlassenen Löwen hineinversetzen können, sind wir dennoch nur Beobachter des Geschehens in der Wildnis, genau wie das lyrische Ich in dem Gedicht.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Gestorbene Liebe“ ist Detlev von Liliencron. Der Autor Detlev von Liliencron wurde 1844 in Kiel geboren. In der Zeit von 1860 bis 1909 ist das Gedicht entstanden. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text der Epoche Naturalismus zugeordnet werden. Der Schriftsteller Liliencron ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 20 Versen mit insgesamt 3 Strophen und umfasst dabei 142 Worte. Weitere Werke des Dichters Detlev von Liliencron sind „Der Blitzzug“, „König Regnar Codbrog“ und „Die Musik kommt“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Gestorbene Liebe“ weitere 63 Gedichte vor.

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