Die Spinnerin von Sankt Peter von Detlev von Liliencron
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Auf der Magdalenenspitze |
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In den Dünen von Sankt Peter |
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Sitzt in hellen Sommernächten |
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Stumm die schöne Frau Maleen. |
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Ihr zur Seite steht das Spinnrad, |
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Doch die Hände ruhn im Schoße, |
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Ihrer Augen Sehnsuchtsketten |
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Ankern in der wilden See. |
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Sieht sie einer aus der Ferne, |
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Macht er schaudernd kehrt. Ihr Schatten |
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Bringt ihm noch vor Jahreswende |
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Unglück oder Tod ins Haus. |
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Gestern in der Julimondluft |
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Sah ich sie aus großer Weite. |
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Plötzlich zog mich toller Fürwitz, |
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In der Nähe sie zu sehn. |
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Tiefe Ruhe. Flutgewisper. |
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Nur die Düneneule flattert |
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Leise, wie mit Vampirflügeln, |
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Wohlig durch die weiche Nacht. |
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Nah und näher, immer näher, |
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Zagen Schrittes, offnen Mundes, |
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Mit weitaufgerißnen Augen, |
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Komm' ich endlich zu ihr hin. |
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Und mich dünkt, die ich dort finde, |
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Ist nicht mehr als eine Puppe, |
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Eine Puppe aus dem Vorstadt |
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Wachsfigurenkabinett. |
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Da - entsetzlich! dreht sie langsam, |
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Lautlos-ruckweis wie ein Uhrwerk, |
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Ihre Stirn nach meiner Stirne: |
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Grinst mich eine Leiche an? |
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Ohnmächtig brach ich zusammen, |
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Bis der Morgentau mich weckte. |
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Kalt und keusch, unendlich einsam |
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Lag das unbewegte Meer. |
Details zum Gedicht „Die Spinnerin von Sankt Peter“
Detlev von Liliencron
9
36
172
1844 - 1909
Naturalismus
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Die Spinnerin von Sankt Peter“ wurde von Detlev von Liliencron verfasst, der zwischen 1844 und 1909 lebte. Damit lässt sich das Werk der Epoche des Naturalismus bzw. des Realismus einordnen, wobei Liliencron auch als Wegbereiter des literarischen Impressionismus gilt.
Auf den ersten Eindruck wirkt das Gedicht geheimnisvoll und düster, es erzeugt eine Atmosphäre der Ungewissheit und der Furcht. Durch den Einsatz von Metaphern und die Erzeugung einer bildreichen und düsteren Atmosphäre wird ein Spannungsbogen erzeugt, der den Leser von Beginn an in seinen Bann zieht.
Inhaltlich beschreibt das Gedicht die Begegnung des lyrischen Ichs mit der mysteriösen 'Spinnerin von Sankt Peter', die in den hellen Sommernächten in den Dünen sitzt und auf das Meer blickt. Ihre Anwesenheit scheint Unheil für jeden zu bedeuten, der sie gesehen hat. Trotz der Warnungen lässt sich das lyrische Ich von seiner Neugier treiben und nähert sich der Frau. Die 'Spinnerin' entpuppt sich aber als Wachsfigur oder Puppe, die plötzlich lebendig zu werden scheint und das lyrische Ich in Ohnmacht fallen lässt.
Die Gestaltung des Gedichts folgt den Regeln der klassischen Lyrik mit regelmäßigen Vierzeilern und gereimten Versen. Besonders wichtig für die Bedeutung des Gedichts sind die Metaphern (wie „Sehnsuchtsketten“, „Vampirflügel“) und das Spiel mit Realität und Einbildung, das eine geheimnisvolle und unheimliche Stimmung erzeugt.
Sprache und Stil sind stark bildhaft und atmosphärisch. Es wird eine düstere Naturkulisse erschaffen, in der die Spinnerin sitzt und auf das Meer starrt. Die Worte und Bilder vermitteln eine unheimliche Stimmung und sind oft mehrdeutig, was den mystischen Charakter der Geschichte verstärkt.
Abschließend lässt sich festhalten, dass „Die Spinnerin von Sankt Peter“ ein Gedicht ist, das vor allem durch seine geheimnisvolle Atmosphäre und die subtile Spannung zwischen Realität und Fiktion besticht. Es sind diese Elemente, die zusammen mit der starken Bildsprache einen bleibenden Eindruck hinterlassen.
Weitere Informationen
Das Gedicht „Die Spinnerin von Sankt Peter“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Detlev von Liliencron. Geboren wurde Liliencron im Jahr 1844 in Kiel. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1860 und 1909. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her der Epoche Naturalismus zuordnen. Bei dem Schriftsteller Liliencron handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das 172 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 36 Versen mit insgesamt 9 Strophen. Weitere Werke des Dichters Detlev von Liliencron sind „Weihnachtslied“, „Schöne Junitage“ und „Herbst“. Zum Autor des Gedichtes „Die Spinnerin von Sankt Peter“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 63 Gedichte vor.
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