Das wird sich weisen von Christian Felix Weiße

Lucinden, welch ein schönes Kind!
Das jeder Jüngling lieb gewinnt,
Sucht ietzt ein zärtlicher Amynt
Im Lieben oft zu unterweisen:
Noch färbet, wenn er davon spricht,
Ein sanftes Roth ihr hold Gesicht:
Obs in acht Tagen noch geschicht?
Das wird sich weisen.
 
Cotill, ein junger Candidat,
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Sucht, da er noch kein Aemtgen hat,
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Gerecht zu seyn in Rath und That,
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Den Richtern herrlich anzupreisen.
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Durch den bestochenen Patron
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Trägt sein Verdienst ein Amt davon:
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Spricht er nun den Geschenken Hohn?
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Das wird sich weisen.
 
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Wie ärgert sich Belinde nicht,
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Wenn eine Frau Gesetz und Pflicht
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Und die geschworne Treue bricht!
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Da soll der Himmel sich zerreißen.
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Itzt reichet sie ihr Herz und Hand
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Dem jungen flatternden Cleant,
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Ist noch ihr Eifer vom Bestand?
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Das wird sich weisen.
 
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Selinde zieht den Bellamor
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Dem seufzervollen Lisidor
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In seinen heißen Wünschen vor:
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Er droht mit Gift, Pistol und Eisen:
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Man läßt ihn ungeschlossen gehn,
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Läßt alles ihm im Wege stehn,
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Ists um sein Leben nun geschehn?
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Das wird sich weisen.
 
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Jobst, der das Geld nach Scheffeln zählt,
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Dem der Verstand, nichts weiter fehlt,
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Geht, von dem edlen Stolz beseelt,
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Galant und klug zu seyn, auf Reisen:
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In Frankreich, Welschland, Engeland
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Wird bald der reiche Jobst bekannt:
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Kömmt er zurück reich am Verstand?
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Das wird sich weisen.
 
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Bey Römern, niemals leer vom Wein,
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Hör ich dort meine Nachbarn schreyn,
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Wer von den kriegenden Parteyn
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Noch sieget? Oestreich oder Preussen?
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Sie rufen mir entrüstet zu:
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„Komm Bruder, komm, entscheide du!“
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Ich sag: ihr Narren, trinkt in Ruh,
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Das wird sich weisen.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (27.1 KB)

Details zum Gedicht „Das wird sich weisen“

Anzahl Strophen
6
Anzahl Verse
48
Anzahl Wörter
256
Entstehungsjahr
1758
Epoche
Aufklärung

Gedicht-Analyse

Dieses Gedicht, betitelt als „Das wird sich weisen“, wurde von dem deutschen Dichter Christian Felix Weiße verfasst, der von 1726 bis 1804 lebte. Dies deutet darauf hin, dass das Gedicht irgendwann im 18. Jahrhundert, also während der Epoche der Aufklärung, entstanden ist.

Auf den ersten Blick fallen die Strukturmäßigkeiten des Gedichts auf, das sich in sechs Strophen zu je acht Versen gliedert. Inhaltlich dreht sich das Gedicht um verschiedene Situationen und Charaktere, bei denen jeweils eine ungewisse Zukunft im Vordergrund steht.

In der ersten Strophe geht es um das junge Mädchen Lucinde, die gerade die erste Liebe mit einem Jüngling namens Amynt erfährt. In der nächsten Strophe steht der junge Mann Cotill im Vordergrund, der versucht, sich durch gute Taten und Bestechung ein Amt zu erwerben. Darauf folgt die Geschichte von Belinde, die vorgibt, die Treue eines Liebhabers zu schätzen, aber schnell ihren Geliebten wechselt. In der vierten Strophe weist Selinde einen Verehrer zugunsten eines anderen zurück, und es bleibt unklar, was darauf folgen wird. Jobst, der Protagonist der fünften Strophe, ist reich, aber nicht in der Lage, seinen Reichtum weise zu verwenden. Die letzte Strophe behandelt eine Gruppe, die hitzig über Politik diskutiert und auf eine klare Entscheidung wartet.

Das lyrische Ich spielt in diesem Gedicht eine Art Beobachterrolle und kommentiert das Geschehen mit dem wiederkehrenden Satz „Das wird sich weisen“. Damit verdeutlicht der Dichter die Unvorhersehbarkeit des Lebens und die menschliche Neigung, voreilige Schlüsse zu ziehen.

Sprachlich und formell verfügt das Gedicht über eine klare, einfache Struktur, die sich in leicht verständlichem Deutsch präsentiert. Die Reime sind sauber und konsistent in einem ABAB-Schema arrangiert und die Verse sind durchgängig in vierhebigen Trochäen verfasst, was dem Gedicht einen rhythmischen, liedhaften Klang verleiht.

Insgesamt handelt es sich bei „Das wird sich weisen“ um ein typisches Aufklärungsgedicht, das den Leser dazu auffordert, sich nicht von voreiligen Urteilen leiten zu lassen, sondern das Leben in seiner Unvorhersehbarkeit anzunehmen.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Das wird sich weisen“ des Autors Christian Felix Weiße. Der Autor Christian Felix Weiße wurde 1726 in Annaberg geboren. Im Jahr 1758 ist das Gedicht entstanden. Erscheinungsort des Textes ist Leipzig. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Aufklärung kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Weiße ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 256 Wörter. Es baut sich aus 6 Strophen auf und besteht aus 48 Versen. Christian Felix Weiße ist auch der Autor für Gedichte wie „An die Muse“, „An ein Veilchen“ und „An einen Bach im Winter“. Zum Autor des Gedichtes „Das wird sich weisen“ haben wir auf abi-pur.de weitere 100 Gedichte veröffentlicht.

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