Der entflogene Papagei von Heinrich Seidel

Schön ist wohl die Freiheit, liebes Papchen.
Herrlich sich im Sonnenschein zu wiegen,
Wo im Flug das leuchtende Gefieder
Grün' und rothe Farbenblitze sendet.
Kühl und schattig ist's, wo dort am Teichrand
Bäume rauschen. Auf dem dunklen Grunde
Schwimmen leuchtend weisse Wasserrosen,
Und im schwarzen unbewegten Spiegel
Malt sich diese schöne Welt noch einmal.
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Besser ist's, wie in dem blanken Käfig,
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Lust'ger schaukelt's sich auf schwanken Zweigen
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Als im goldnen Ring, und freudig segnest
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Du das Fenster, deiner Freiheit Pforte.
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Aber doch: Wenn zwei so schöne Augen
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Lieblich flehend sind auf dich gerichtet,
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Solche Händchen warten dich zu kosen,
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Solche Lippen dich zu küssen trachten,
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Solches Mündchen schmeichelt: "Komm mein Papchen!" ...
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Wär' ich du, ich wüsste was ich thäte!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.5 KB)

Details zum Gedicht „Der entflogene Papagei“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
19
Anzahl Wörter
119
Entstehungsjahr
1842 - 1906
Epoche
Realismus,
Naturalismus,
Moderne

Gedicht-Analyse

Der Autor des Gedichts ist Heinrich Seidel, der von 1842 bis 1906 lebte. Seidel war ein deutscher Ingenieur und Schriftsteller und gehörte zur literarischen Strömung des Realismus.

Beim ersten Lesen hinterlässt das Gedicht den Eindruck von Freiheit, Natur und Schönheit. Diese Bilder werden lebhaft durch die detailreiche Beschreibung der Umgebung und des Papageis vermittelt.

Das lyrische Ich beginnt damit, die Freiheit des entflohenen Papageis zu beschreiben und wie wunderbar es sein muss, sich im Sonnenschein zu wiegen und farbenprächtig zu sein. Es beschreibt die Kühlheit der Bäume am Teichrand und die reflektierende Schönheit des Wassers. Es drückt aus, dass diese Freiheit wünschenswert und weit besser ist als das Leben in einem Käfig. Aber in den letzten Zeilen wendet sich das Gedicht, wenn das lyrische Ich eine Person beschreibt, die den Papagei mit liebevollem Blick ansieht und darauf wartet, ihn zu streicheln und zu küssen. An diesem Punkt bringt das lyrische Ich auch den Wunsch zum Ausdruck, an der Stelle des Papageis zu sein und diese Zuneigung zu genießen.

Das Gedicht hat eine einfache Form und einen klaren Aufbau, wobei die Verse in freien Rhythmus gehalten sind. Die Sprache ist bildhaft und malerisch mit vielen Natur- und Tierbildern. Sie verstärkt die Kontraste zwischen Freiheit und Gefangenschaft, Natur und Käfig, sowie Einsamkeit und Zuneigung. Die Verwendung des Althochdeutschen „thäte“ am Ende verleiht dem Gedicht einen zusätzlichen Hauch von Nostalgie und Romantik.

Insgesamt scheint das Gedicht zwei miteinander kontrastierende Erfahrungen darzustellen: die Freiheit und die Unabhängigkeit, die die Natur und die Wildheit des Papageis repräsentieren, sowie die Liebe, Zuneigung und Sicherheit, die das menschliche Element verkörpert. Es wirft die Frage auf, ob Freiheit und Unabhängigkeit wirklich von größerem Wert sind als zwischenmenschliche Beziehungen und Zuneigung. Am Ende impliziert das lyrische Ich, dass es wählen würde, die Freiheit aufzugeben, um Liebe und Zuneigung zu erleben.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Der entflogene Papagei“ des Autors Heinrich Seidel. Der Autor Heinrich Seidel wurde 1842 in Perlin (Mecklenburg-Schwerin) geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1858 und 1906. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text den Epochen Realismus, Naturalismus oder Moderne zugeordnet werden. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Basis geschehen. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben bei Verwendung. Das 119 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 19 Versen mit nur einer Strophe. Heinrich Seidel ist auch der Autor für Gedichte wie „Hänschen auf der Jagd“, „Die Gaben“ und „Der Luftballon“. Zum Autor des Gedichtes „Der entflogene Papagei“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 216 Gedichte vor.

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