Zerbinetta von Hugo von Hofmannsthal

Noch glaub ich dem einen ganz mich gehörend,
Noch mein' ich mir selber so sicher zu sein,
Da mischt sich im Herzen leise betörend
Schon einer nie gekosteten Freiheit,
Schon einer neuen verstohlenen Liebe
Schweifendes freches Gefühle sich ein!
Noch bin ich wahr, und doch ist es gelogen,
Ich halte mich treu und bin schon schlecht,
Mit falschen Gewichten wird alles gewogen –
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Und halb mich wissend und halb im Taumel
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Betrüg ich ihn endlich und lieb ihn noch recht!
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Ja, halb mich wissend und halb im Taumel
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Betrüge ich endlich und liebe noch recht!
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So war es mit Pagliazzo
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Und mit Mezzetin!
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Dann war es Cavicchio,
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Dann Buratin,
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Dann Pasquariello!
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Ach, und zuweilen,
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Will es mir scheinen,
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Waren es zwei!
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Doch niemals Launen,
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Immer ein Müssen!
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Immer ein neues
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Beklommenes Staunen.
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Daß ein Herz so gar sich selber,
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Gar sich selber nicht versteht!
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Als ein Gott kam jeder gegangen,
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Und sein Schritt schon machte mich stumm,
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Küßte er mir Stirn und Wangen,
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War ich von dem Gott gefangen
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Und gewandelt um und um!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (25.8 KB)

Details zum Gedicht „Zerbinetta“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
32
Anzahl Wörter
173
Entstehungsjahr
1912
Epoche
Moderne

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Zerbinetta“ stammt von Hugo von Hofmannsthal, einem österreichischen Schriftsteller und Dramatiker, der von 1874 bis 1929 lebte. Hofmannsthal ist einer der bekanntesten Vertreter der literarischen Strömung des Symbolismus und der Wiener Moderne.

Beim ersten Lesen fällt die Innigkeit und die offene Ambivalenz des lyrischen Ichs im Werk auf. Das Gedicht thematisiert Themen wie Liebe, Verrat und Selbstverwirrung.

Der Inhalt des Gedichts dreht sich um die Emotionen und Erfahrungen des lyrischen Ichs in Bezug auf Liebe und Beziehungen. Es erscheint zerrissen zwischen der Treue zu einem bereits bestehenden Liebhaber und der Verlockung eines neuen, aufkommenden Gefühls der Liebe und Freiheit. Das lyrische Ich gesteht, dass es seinen Partner betrügt und fühlt sich schuldig, obwohl es noch immer echte Gefühle für ihn empfindet. Es reflektiert auch über seine Unfähigkeit, sich selbst oder seine Gefühle zu verstehen. Der Text endet mit dem lyrischen Ich, welches von der Macht eines neuen Geliebten überwältigt ist und sich vollkommen verändert fühlt.

In Bezug auf die Form besteht das Gedicht aus 32 Versen und hat keine klare Struktur hinsichtlich Reimschema oder Strophenanzahl. Die Sprache ist gepflegt, nachdenklich und eher poetisch – typisch für die Dichtung der Moderne. Hofmannsthal verwendet komplexe Metaphern und Symbolik, was bei der Interpretation des Gedichts zu berücksichtigen ist. Beispielsweise könnte die Erwähnung der Namen Pagliazzo, Mezzetin, Cavicchio, Buratin und Pasquariello als eine Darstellung verschiedener Männertypen interpretiert werden, zu denen das lyrische Ich hingezogen fühlt. Die Verwendung der Worte „Müssen“ und „Beklommenes Staunen“ deutet auf eine zwanghafte Natur der Gefühle des lyrischen Ichs hin.

Insgesamt zeigt „Zerbinetta“ das lyrische Ich in einem Zustand des inneren Konflikts, ausgelöst durch intensives, aber wechselndes Verlangen in zwischenmenschlichen Beziehungen. Das lyrische Ich ist emotional hin- und hergerissen und hat Schwierigkeiten, seine Gefühle zu verstehen und damit umzugehen.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Zerbinetta“ des Autors Hugo von Hofmannsthal. Hofmannsthal wurde im Jahr 1874 in Wien geboren. 1912 ist das Gedicht entstanden. Erschienen ist der Text in Leipzig. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her der Epoche Moderne zuordnen. Der Schriftsteller Hofmannsthal ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 173 Wörter. Es baut sich aus nur einer Strophe auf und besteht aus 32 Versen. Die Gedichte „Die beiden“, „Ein Knabe“ und „Ein Traum von großer Magie“ sind weitere Werke des Autors Hugo von Hofmannsthal. Zum Autor des Gedichtes „Zerbinetta“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 40 Gedichte vor.

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