Wegweiser von Frank Wedekind

Zum Wassertrinker bin ich nicht geboren,
Das kann euch meine edle Muse zeigen;
Sie singt beim Wein und fällt in tiefes Schweigen,
Wenn sich der letzte Schluck im Bauch verloren.
 
Dem Wasser hab’ ich ew’gen Haß geschworen,
Weil ihm der Zauberdünste keiner eigen,
Die traumschwer aus dem dunklen Becher steigen,
Den ich zum Weiser mir des Wegs erkoren.
 
Er ist ein gar verständiger Geselle,
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Er drängt direkt mich zu des Tempels Schwelle
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Und öffnet meinem Blick die dunklen Türen.
 
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Im Taumel tapp’ ich nach der heiligen Zelle
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Und muß des Ortes Weihe nur verspüren,
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Dann ist’s kein Kunststück mehr, mich zu verführen.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24 KB)

Details zum Gedicht „Wegweiser“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
14
Anzahl Wörter
104
Entstehungsjahr
1905
Epoche
Moderne

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Wegweiser“ wurde von Frank Wedekind verfasst, einem deutschen Dramatiker und Lyriker, der zwischen 1864 und 1918 lebte. Wedekind gehörte zur Literaturreformbewegung des Naturalismus, war aber auch als Wegbereiter des Expressionismus bekannt.

Auf den ersten Blick wirkt das Gedicht humorvoll und sorglos, vermutlich aufgrund der lockeren Art und Weise, wie das Thema Alkoholkonsum behandelt wird.

In dem Gedicht beschreibt das lyrische Ich seine Abneigung gegenüber Wasser und seine Vorliebe für Wein. Es stellt den Wein als Inspirationsquelle und eine Art Lebensführer dar. Es hebt hervor, dass der Wein ihm hilft, kreativ zu sein („meine edle Muse“), und seine Wahrnehmungs- und Erkenntnisfähigkeit erweitert („öffnet meinem Blick die dunklen Türen“). Das lyrische Ich betrachtet den Wein als einen „verständigen Geselle“, d.h. als eine Art Freund oder Mentor, der ihn auf den Weg des Lebens und der Erkenntnis führt.

In Bezug auf die Form und Sprache des Gedichts benutzt Wedekind eine einfache, klare Sprache, weniger poetische Metaphern und einen direkten, beinahe gesprächigen Stil. Die Verse haben meistens eine sehr regelmäßige Länge und folgen einem klaren Rhythmus, was dem Gedicht einen melodischen Klang verleiht.

Obwohl das Gedicht auf der Oberfläche humorvoll und unbeschwert erscheint, könnte es möglicherweise als Kritik an der Gesellschaft interpretiert werden, die sich auf Oberflächlichkeit und Konformität konzentriert und Originalität und Kreativität unterdrückt. Der Konsum von Wein - als Symbol für das Ausbrechen aus vorhandenen Normen und Konventionen - ermöglicht es dem Individuum, einen freieren und tieferen Zugang zur Realität und zu sich selbst zu gewinnen.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Wegweiser“ des Autors Frank Wedekind. Wedekind wurde im Jahr 1864 in Hannover geboren. Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1905. Erschienen ist der Text in München. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text der Epoche Moderne zugeordnet werden. Wedekind ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 14 Versen mit insgesamt 4 Strophen und umfasst dabei 104 Worte. Der Dichter Frank Wedekind ist auch der Autor für Gedichte wie „Allbesiegerin Liebe“, „Alte Liebe“ und „Altes Lied“. Zum Autor des Gedichtes „Wegweiser“ haben wir auf abi-pur.de weitere 114 Gedichte veröffentlicht.

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