Perversität von Frank Wedekind

Ein Waisenkind mit nassen, blassen Wangen,
Mit hohlen Augen und mit dünnen Armen
Huscht scheu hervor, inständig mein Erbarmen
Anflehend, stotternd, schlotternd, furchtbefangen.
 
Eisig sein Körper, glühend sein Verlangen,
Müht sich’s frostbebend, menschlich zu erwarmen.
Vergebne Qual; erschlafft in meinen Armen,
Bewimmert es sein Hoffen und sein Bangen.
 
Beschämt schleicht sich’s von hinnen, ächzend, siechend,
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Nachts bettelnd und bei Tage sich verkriechend,
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Heut in Verzweiflung, morgen in Verzücktheit;
 
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Verfällt gemach schmerzstillender Verrücktheit,
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Stutzt, lacht, jauchzt todesfroh, und, der Gewandung
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Vom Gischt beraubt, zerschellt es in der Brandung.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.2 KB)

Details zum Gedicht „Perversität“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
14
Anzahl Wörter
89
Entstehungsjahr
1905
Epoche
Moderne

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht „Perversität“ stammt von dem deutschen Dramatiker, Dichter und Maler Frank Wedekind (* 24. Juli 1864, † 9. März 1918). Es lässt sich zeitlich in das Ende des 19. Jahrhunderts beziehungsweise in die Epoche des Realismus einordnen.

Beim ersten Eindruck wirkt das Gedicht traurig und bedrückend, es beschreibt nämlich das erbärmliche Leben eines Waisenkindes in der damaligen Gesellschaft. Der Autor nutzt harte, kräftige Worte, um die Trostlosigkeit und das Leid des Kindes hervorzuheben.

Inhaltlich thematisiert das lyrische Ich die Begegnung mit einem Waisenkind, das durch sein körperliches Erscheinen und seinen Zustand tiefes Mitleid erweckt. Die körperliche Kälte des Kindes steht in starkem Kontrast zu seinem sehnenden Wunsch nach Wärme und Geborgenheit. Das Kind ist jedoch gekennzeichnet von Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung, es erscheint von der Welt entfremdet und schicksalhaft gezeichnet. Es bleibt in seinem Leid gefangen und verfällt schließlich der Wahnsinn, welcher in dem Bild von der zerschellten Brandung seinen tragischen Höhepunkt findet.

Formal besteht das Gedicht aus vier Strophen, wobei die ersten beiden Strophen aus jeweils vier Versen und die letzten beiden Strophen aus jeweils drei Versen bestehen. Dies erzeugt eine ungewöhnliche Struktur und unterstützt die abgehackte, abrupte Darstellung des Lebens des Waisenkindes.

Sprachlich fallen vor allem stark emotive Wortwahl und bildhafte Metaphorik auf. Er benutzt sie, um das Elend und die Verzweiflung des Kindes intensiv zu schildern.

Insgesamt kann das Gedicht als Kritik an der Gesellschaft interpretiert werden, die die Ärmsten und Schutzlosesten vernachlässigt. Wedekind weist auf die Grausamkeit und Ungerechtigkeit hin, die in der Welt existieren, und fordert dazu auf, diese Missstände nicht zu übersehen oder zu ignorieren. Der Titel „Perversität“ könnte auf die pervertierte Moral und Ethik der Gesellschaft hinweisen, die solche Zustände zulässt.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Perversität“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Frank Wedekind. Im Jahr 1864 wurde Wedekind in Hannover geboren. Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1905. Der Erscheinungsort ist München. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text der Epoche Moderne zugeordnet werden. Bei Wedekind handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 14 Versen mit insgesamt 4 Strophen und umfasst dabei 89 Worte. Der Dichter Frank Wedekind ist auch der Autor für Gedichte wie „An Bruno“, „An Elka“ und „An Francisca de Warens“. Zum Autor des Gedichtes „Perversität“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 114 Gedichte vor.

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