Ein Traum von großer Magie von Hugo von Hofmannsthal
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Viel königlicher als ein Perlenband |
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Und kühn wie junges Meer im Morgenduft, |
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So war ein großer Traum – wie ich ihn fand. |
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Durch offene Glastüren ging die Luft. |
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Ich schlief im Pavillon zu ebner Erde, |
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Und durch vier offne Türen ging die Luft – |
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Und früher liefen schon geschirrte Pferde |
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Hindurch und Hunde eine ganze Schar |
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An meinem Bett vorbei. Doch die Gebärde |
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Des Magiers – des Ersten, Großen – war |
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Auf einmal zwischen mir und einer Wand: |
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Sein stolzes Nicken, königliches Haar. |
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Und hinter ihm nicht Mauer: es entstand |
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Ein weiter Prunk von Abgrund, dunklem Meer |
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Und grünen Matten hinter seiner Hand. |
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Er bückte sich und zog das Tiefe her. |
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Er bückte sich, und seine Finger gingen |
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Im Boden so, als ob es Wasser wär. |
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Vom dünnen Quellenwasser aber fingen |
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Sich riesige Opale in den Händen |
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Und fielen tönend wieder ab in Ringen. |
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Dann warf er sich mit leichtem Schwung der Lenden – |
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Wie nur aus Stolz – der nächsten Klippe zu; |
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An ihm sah ich die Macht der Schwere enden. |
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In seinen Augen aber war die Ruh |
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Von schlafend- doch lebendgen Edelsteinen. |
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Er setzte sich und sprach ein solches Du |
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Zu Tagen, die uns ganz vergangen scheinen, |
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Daß sie herkamen trauervoll und groß: |
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Das freute ihn zu lachen und zu weinen. |
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Er fühlte traumhaft aller Menschen Los, |
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So wie er seine eignen Glieder fühlte. |
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Ihm war nichts nah und fern, nichts klein und groß. |
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Und wie tief unten sich die Erde kühlte, |
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Das Dunkel aus den Tiefen aufwärts drang, |
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Die Nacht das Laue aus den Wipfeln wühlte, |
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Genoß er allen Lebens großen Gang |
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So sehr – daß er in großer Trunkenheit |
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So wie ein Löwe über Klippen sprang. |
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Cherub und hoher Herr ist unser Geist – |
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Wohnt nicht in uns, und in die obern Sterne |
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Setzt er den Stuhl und läßt uns viel verwaist: |
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Doch Er ist Feuer uns im tiefsten Kerne |
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– So ahnte mir, da ich den Traum da fand – |
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Und redet mit den Feuern jener Ferne |
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Und lebt in mir wie ich in meiner Hand. |
Details zum Gedicht „Ein Traum von großer Magie“
Hugo von Hofmannsthal
17
47
331
1896
Moderne
Gedicht-Analyse
Der Autor des Gedichts ist Hugo von Hofmannsthal, ein österreichischer Schriftsteller, der einen bedeutenden Beitrag zur deutschsprachigen Literatur Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts geleistet hat.
Auf den ersten Blick scheint das Gedicht eine intensive, fast mystische Erfahrung oder Vision zu beschreiben. In einer Art Traumzustand erlebt das lyrische Ich das Erscheinen und Handeln eines macht- und eindrucksvollen Zauberers oder Magiers. Dieses Erlebnis ist von einer deutlichen physischen und sinnlichen Präsenz geprägt. Es ist von Schönheit, Macht und Ruhe, die in starken und lebendigen Bildern dargestellt werden.
Inhaltlich geht es um die Beschreibung dieses Traums, in dem das lyrische Ich die Begegnung mit einem Magier erlebt. Der Magier erscheint als eine übernatürliche Gestalt, die mit lebendiger Kraft und majestätischer Schönheit ausgestattet ist. Mit scheinbarer Leichtigkeit manipuliert er die physikalischen Gesetze und nimmt Kontakt zu vergangenen Tagen auf, die dem lyrischen Ich „vergangen scheinen“. Das lyrische Ich scheint aus der Perspektive des Magiers das Leben in all seiner Größe zu sehen, frei von alltäglichen Limitierungen und Differenzierungen.
Formal ist das Gedicht durch regelmäßige Dreizeilen-Strophen (Terzette) geprägt. Es besteht aus 17 Strophen mit insgesamt 47 Versen. Die meisten Verse sind Jamben mit weiblicher Kadenz, was dem Gedicht einen rhythmischen, fließenden Charakter verleiht.
Die Sprache des Gedichts ist bildreich und metaphorisch, oft in Form von Vergleichen ('kühn wie junges Meer', 'königliches Haar'). Der Duktus ist überwiegend hochgestochen und pathetisch, was der Beschreibung der magischen Elemente zusätzlich Gewicht verleiht.
Insgesamt vermittelt das Gedicht die Begegnung des lyrischen Ichs mit einer transzendenten Macht oder Wahrheit (verkörpert durch den Magier) in einem Traum. Diese Begegnung scheint das lyrische Ich zu einer tieferen Erkenntnis und einem intensiven Erleben zu führen, das in starkem Kontrast zu seinem gewöhnlichen Erleben steht. Die Schlussfolgerung des Gedichts lässt darauf schließen, dass diese tieferen Wahrheiten und Erfahrungen ständig in uns vorhanden sind („Er lebt in mir wie ich in meiner Hand“), aber normalerweise nicht zugänglich sind, was eine zentrale Aussage des Gedichts sein könnte.
Weitere Informationen
Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Ein Traum von großer Magie“ des Autors Hugo von Hofmannsthal. 1874 wurde Hofmannsthal in Wien geboren. Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1896. Erscheinungsort des Textes ist Leipzig. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Moderne zu. Hofmannsthal ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 47 Versen mit insgesamt 17 Strophen und umfasst dabei 331 Worte. Weitere Werke des Dichters Hugo von Hofmannsthal sind „Des alten Mannes Sehnsucht nach dem Sommer“, „Die beiden“ und „Ein Knabe“. Zum Autor des Gedichtes „Ein Traum von großer Magie“ haben wir auf abi-pur.de weitere 40 Gedichte veröffentlicht.
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Zum Autor Hugo von Hofmannsthal sind auf abi-pur.de 40 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
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