Muttersprache von Max von Schenkendorf

1. Muttersprache, Mutterlaut,
Wie so wonnesam, so traut!
Erstes Wort, das mir erschallet,
Süßes, erstes Liebeswort,
Erster Ton, den ich gelallet,
Klingest ewig in mir fort!
 
2. Ach, wie trüb ist meinem Sinn,
Wenn ich in der Fremde bin,
Wenn ich fremde Zungen üben,
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Fremde Worte brauchen muß,
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Die ich nimmermehr kann lieben,
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Die nicht klingen als ein Gruß!
 
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3. Sprache, schön und wunderbar,
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Ach, wie klingest du so klar!
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Woll noch tiefer mich vertiefen
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In den Reichtum, in die Pracht;
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Ist mir's doch, als ob mich riefen
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Väter aus des Grabes Nacht.
 
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4. Klinge, klinge fort und fort,
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Heldensprache, Liebeswort!
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Steig empor aus tiefen Grüften,
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Längst verschollnes altes Lied,
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Leb aufs neu in heil'gen Schriften,
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Daß dir jedes Herz erglüht!
 
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5. Überall weht Gottes Hauch,
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Heilig ist wohl mancher Brauch;
27 
Aber soll ich beten, danken,
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Geb' ich meine Liebe kund,
29 
Meine seligsten Gedanken:
30 
Sprech' ich wie der Mutter Mund.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (25 KB)

Details zum Gedicht „Muttersprache“

Anzahl Strophen
5
Anzahl Verse
30
Anzahl Wörter
145
Entstehungsjahr
1783 - 1817
Epoche
Klassik,
Romantik,
Biedermeier

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Muttersprache“ ist von Max von Schenkendorf, einem deutschen Lyriker, der im 19. Jahrhundert lebte. Das Gedicht behandelt auf innige Weise die enge Beziehung und Wert des Autors zu seiner Muttersprache.

Der erste Eindruck des Gedichts lässt eine starke Verbundenheit und Wertschätzung des lyrischen Ichs gegenüber der Muttersprache erkennen, was auf Schenkendorfs nationale Gesinnung und Sehnsucht nach Zugehörigkeit hinweisen könnte.

Inhaltlich geht das Gedicht um die Liebe und Verbundenheit zur Muttersprache des lyrischen Ichs. Es wird der Klang der Sprache und das erste Wort, das man lernte, geliebt und gewertschätzt. Es wird erklärt, wie sich das lyrische Ich in der Fremde ohne die Muttersprache fühlt - traurig und entfremdet, weil es sich nicht mit der fremden Sprache identifizieren kann. Das lyrische Ich beschreibt die Muttersprache als wunderschön und klar klingend und verdeutlicht ihre Bedeutung, indem es sie als „Heldensprache“ und „Liebeswort“ bezeichnet. Es betont, dass die Muttersprache Teil des kulturellen und geschichtlichen Erbes ist und dass sie in der Poesie und im Gesang neu belebt wird. Schließlich sagt es, dass auch wenn jeder Ort Gottes Hauch hat und viele Sitten heilig sind, es zum Beten und Liebesausdruck in der eigenen Sprache spricht.

Das Gedicht hat eine regelmäßige Struktur und besteht aus fünf Strophen mit jeweils sechs Versen. Die Sprache ist klar und einfach gehalten, es wird viele emotionale Ausdrücke verwendet, die an die Heimat, die Zugehörigkeit und die nationale Identität erinnern. Wiederholungen und Anapher werden gezielt genutzt, um bestimmte Aspekte der Muttersprache und deren Bedeutung zu unterstreichen. Dabei werden Begriffe wie „wonnevoll“, „trüb“ und „heilige Schriften“ verwendet, die eine enge emotionale Bindung und eine Art Sakralisierung der Sprache durch das lyrische Ich aufzeigen.

Insgesamt manifestiert das Gedicht eine tiefe Wertschätzung, nostalgische Zuneigung und emotionale Verbindung zur Muttersprache und grenzt sie als einzigartiges und unschätzbares Gut ab, das Identität, Geschichte und Kultur vermittelt. Es vermittelt zudem ein mehr oder weniger nationalromantisches Bild, das die Muttersprache als untrennbaren Teil des nationalen Bewusstseins inszeniert.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Muttersprache“ des Autors Max von Schenkendorf. Im Jahr 1783 wurde Schenkendorf in Tilsit in Ostpreußen geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1799 bis 1817 entstanden. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht den Epochen Klassik, Romantik oder Biedermeier zuordnen. Vor Verwendung der Angaben zur Epoche prüfe bitte die Richtigkeit. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen und daher anfällig für Fehler. Das 145 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 30 Versen mit insgesamt 5 Strophen. Weitere Werke des Dichters Max von Schenkendorf sind „Freiheit, die ich meine“, „Erhebt euch von der Erde“ und „Das Lied von Hofer“. Zum Autor des Gedichtes „Muttersprache“ haben wir auf abi-pur.de weitere 11 Gedichte veröffentlicht.

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